JÜRGEN RAAP
Erró
Galerie Thomas Zander, Köln, 25.8. – 17.10.2001
Neben Fotografie und junger Kunst hat der Kölner Galerist Thomas Zander die Klassiker der Pop-Generation als Programmschwerpunkt. Und bei diesen Künstlern im Umfeld der Pop Art stellt man immer wieder verblüfft fest, wie sehr ihre Thematik und Stilistik die junge Künstlergeneration de neunziger Jahre und der unmittelbaren Gegenwart beeinflusst hat. Erró, Jahrgang 1932 und auf den eigentlichen Namen Gudmundur Gudmundsson getauft, benutzt z.B. einen interkulturellen Fundus aus Materialien der europäischen und japanischen Kunstgeschichte, aus Trivialbildern der heutigen westlichen Warenästhetik und Propagandamotiven der chinesischen Kommunisten. Die Kombinatorik dieses Fundus nimmt bereits um 1970 manches vorweg, was uns heute unter dem Stichwort “Crossover” geläufig ist. Die Verlogenheit der westlichen Konsumwerbung und den gleichfalls verlogenen Propaganda-Illusionismus der chinesischen KP gegenüber zu stellen, unternahm Erró rund ein Jahrzehnt vor den russischen SozArt-Künstlern mit ihren ideologiekritischen Bildern.
Die Ausstellung in der Galerie Thomas Zander umfasste rund zwei Dutzend Bilder und Collagen aus der Zeit von 1959 bis 1992. Im Jahre 1959 entstand beispielsweise die Collagen-Serie “La Vie de Betes”. Darunter befindet sich eine bildliche Demonstration, wie mit einem Elektroenzephalogramm Gedanken gelesen werden können. Das bedeutet nicht etwa eine fortschrittsoptimistische Technik-Verherrlichung, sondern die Collage zeigt im Gegenteil eine kritisch-düstere Stimmung à la George Orwell.
Die heilige Agathe präsentiert ihre abgeschnittenen Brüste auf einem Teller vor einem Funkmast und einem Teleskop (1975). Das erinnert ein wenig an die untergründig-boshaften surrealistischen Collagen von Max Ernst aus den dreißiger Jahren. Andere Arbeiten der sechziger Jahre stehen eher in der formalen Tradition der dadaistischen…