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Titel: Der gerissene Faden · von Christoph Doswald · S. 232 - 235
Titel: Der gerissene Faden , 2001

CHRISTOPH DOSWALD
Erik Steinbrecher: VJ-Kicks

Arrière- oder Avantgarde? Strukturalismo oder Autopoiese? Hyperfiction oder Medienreflexion? Die Einordnungsfragen, welche das Werk des Schweizer Künstlers Erik Steinbrecher an die Betrachter heranträgt, werden im Zeitalter der perpetuierenden Begrifflichkeiten und verbalen Schubladisierungen von einem latenten Flirren begleitet. Dieser oszillierenden Verunsicherung eignet eine bestimmte Strategie, die der in Berlin lebende Schweizer Künstler seit seinem ersten Auftreten in der breiten Öffentlichkeit – anlässlich der documenta X in Kassel – konsequent verfolgt. Er kollektioniert seit Jahren Motive, die sozusagen den kleinsten gemeinsamen Nenner der Massenkultur des Bildes charakterisieren. Diese visuellen Bausteine (Postkarten, Anzeigen, Fotos aus Illustrierten, Pornoheften, medizinischen Fachzeitschriften et.), die aus ihrem ursprünglichen funktionellen Kontext gelöst sind, werden von ihm neu sortiert, kombiniert und kontextualisiert und kreieren damit nicht-lineare Narrationsmuster, loopartige Geschichten, die gewissermaßen fuzzy-logic-ähnliche Strukturen aufweisen.

Obwohl mit mehrheitlich analogen Mitteln arbeitend, formuliert Steinbrecher damit sozusagen das visuelle Pendant zum österreichischen Dub-Duo Kruder&Dorfmeister, den aktuellen Hohepriestern des Drum’n Base. DJ-Kicks heißt deren legendäre Produktion aus dem Jahre 1996, die den bislang wohl wichtigsten Standard der musikalischen Samplingstrategie setzte. Die beiden österreichischen Musiker verwoben auf diesem mittlerweile legendären Tonträger das Soundmaterial von Disc Jockeys aus ihrem Freundeskreis. Diese bisweilen nur wenige Takte umfassende Schnittsammlung von musikalischen Meisterstücken – ihrerseits rezyklierte Tonträger – formuliert sozusagen die Essenz der aktuellen DJ-Kultur, die mit Versatzstücken aus Jazz (etwa Miles Davies), Filmmusik (beispielsweise Lalo Schiffrin oder Isaac Hayes), aus der Techno-Historie (wie Yello) und alltäglichen Geräuschen (Telefonklingeln, Kaufhaus- oder Flughafenansagen etc.) operiert. Diese wiedergekäuten Versatzstücke wurden von Kruder&Dorfmeister zuerst digitalisiert, dann vom ursprünglichen…


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von Christoph Doswald

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