Michael Stoeber
Eric Bulatov
»Freiheit ist Freiheit«
kestnergesellschaft Hannover, 24.2 – 28.5.2006
Eines der besten Bilder des Künstlers stammt aus dem Jahre 1975. Auch wenn er es 30 Jahre später noch einmal überarbeitet hat und es daher in der Legende die Entstehungsdaten 1975/2005 führt, ist es doch das älteste Bild in der Ausstellung der hannoverschen kestnergesellschaft mit Werken von Eric Bulatov aus den Jahren 1989-2005. Als der 1933 in Swerdlowsk im Ural geborene Maler das Bild “Ruhm der KPDSU II” schuf, war er der festen Überzeugung, dass es sein Atelier nie verlassen würde. Zu Recht! Denn wären die politischen Verhältnisse in der Sowjetunion so geblieben, wie sie zu jener Zeit waren, hätte er sich mit der Freigabe dieses Bildes selbst ans Messer geliefert. So stumpf waren die Sinne der zuständigen Funktionäre nicht, dass sie hinter dem scheinbaren Lobgesang des Bildes, nicht die heimliche Kritik wahrgenommen hätten. Bulatov malte in altmeisterlicher und Augen täuschender Manier einen weiten blauen Himmel mit leichten Schönwetterwölkchen. Ikonografisch, ein altes Symbol der Freiheit. In blutroten Lettern steht davor: “Ruhm der KPDSU”. Die Großbuchstaben stoßen auf allen vier Seiten hart an die Ränder des Bildes, das sie ganz ausfüllen. Der Himmel und damit die versprochene Freiheit treten buchstäblich in den Hintergrund. Die Versalien wirken wie Gitterstäbe, die sie aus- und wegsperren. Das Bild zum Ruhm der KPDSU ist ein vergiftetes Geschenk.
Eric Bulatovs Strategie der Bildverfertigung, die er bis heute als Maler beibehalten hat, besteht darin, zwei unterschiedliche, sich eigentlich ausschließende Bildcodes in einem Werk zu alliieren….
