Stephan Schmidt- Wulffen
Enzyklopädie der Skulptur
Skulptur Projekte in Münster
1987 14. Juni bis 4. Oktober 1987
Münster präsentiert nach 10 Jahren wieder eine Ausstellung zeitgenössischer Skulptur, die zur sorgfältigen Bestandsaufnahme der Gegenwartskunst geworden ist.
Dem Münsterischen Anzeiger hatte REMY ZAUGG schon beim ersten Rundgang imponiert: »Mucker, mucker, dieser Macker: Bewircht Kunst laulone Maloche. Er braucht nur zu labern – die anderen müssen schanägeln …« – Eine etwas laxe, aber durchaus treffende Beschreibung konzeptueller Kunstpraxis, der Remy Zaugg auch mit seiner Arbeit folgt: »Magd mit Stier« und »Knecht mit Pferd«, realistische Skulpturen vom Beginn des Jahrhunderts, die die Stadtväter vom Sockel geholt und in einer Ecke abgestellt hatten, postierte er am angestammten, prominenten Ort. Dort begrüßen sie wieder symbolträchtig die Ankommenden auf dem Ludgeriplatz.
Bei den Bürgern von Münster steht Zauggs Arbeit auf Platz eins der Hitliste von insgesamt 53 Außenarbeiten in ihrem Stadtraum. Zweifellos ein Mißverständis, das allerdings für die gesamte Situation der Kunst im öffentlichen Raum bezeichnend ist und deshalb auch für das Skulpturenprojekt in Münster eine Art Arbeitsgrundlage darstellt.
Während der Künstler in einem Akt »geistiger Hygiene« (Zaugg) den Beamten ihren »Vandalismus der Indifferenz« vor Augen führen will und mit seiner Aktion ein Kapitel über den sorgsamen Umgang mit Kunst abfaßt, sehen sich die Bürger in ihren geheimsten Wünschen verstanden. Die Qualität von Zauggs Arbeit besteht zweifellos im
Sichtbarmachen eines dauernd drohenden Mißverstehens, das die Münsteraner Ausstellung, darin liegt ein Teil ihrer hohen Qualität, ernst nimmt.
Der Begriff Ausstellung ist allerdings eine wenn auch praktische, so doch unzulässige Verkürzung des Geschehens, Kasper König und…