Endre Tót
Dieses festliche Moment der Kunst zerschlagen
Ein Gespräch von Tilman Baumgärtel
1979 kam der ungarische Künstler Endre Tót im Alter von 42 Jahren als Stipendiat des Berliner Künstlerprogramms des DAAD nach West-Berlin. Nach Ende seines Stipendiums blieb er einfach da. Er wollte nicht mehr zurück in sein Heimatland, in dessen Kulturbürokratie kein Platz für einen Künstler war, der sich in Text- und Fotoarbeiten und in Performances und audiovisuellen Arbeit auf ironisch-paradoxe Weise den Erwartungen entzog, welche die sozialistische Kulturbürokratie an „Kulturschaffende“ hatte. 1980 zog er nach Köln, wo er über vierzig Jahre Teil einer Kunstszene war, die zwar international bekannt, aber nicht unbedingt auf kommerziellen Erfolg im Kunstbetrieb aus war. Bei der Edition Hundertmark erschienen Künstlerbücher und Multiples zu erschwinglichen Preisen; gleichzeitig war Tót – der zwar oft als Fluxus-Künstler bezeichnet wird, tatsächlich aber nie zu der Gruppe gehörte – international in wichtigen Ausstellungen vertreten und hatte unter anderem Retrospektiven im Kölner Museum Ludwig oder im Fridericianum Kassel.
Als er im vergangenen Jahr wegen eines Wasserschadens aus der Kölner Wohnung, in der er seit Jahrzehnten lebte, ausziehen musste, kehrte er zurück in die Stadt, in der seine Kunstkarriere in West-Europa begonnen hatte: Berlin. Seit 2023, seitdem er in Charlottenburg wohnt, geht es für den Künstler, um den es zuletzt ruhig geworden war, Schlag auf Schlag: Da war zunächst die Ausstellung If the Berlin Wind Blows My Flag. Kunst und Internationalisierung vor dem Mauerfall, die das Berliner Künstlerprogramm des DAAD und seine internatio nalen Gäste während des Kalten Krieges thema tisierte….