Michael Hübl
Elmgreen & Dragset
»Celebrity – The One & The Many«
Museum für Neue Kunst im ZKM Karlsruhe, 7.11.2010 – 27.3.2011
In seinem Schauspiel „Stützen der Gesellschaft“ lässt Henrik Ibsen den zentralen Protagonisten plötzlich über Einsamkeit klagen – ausgerechnet ihn, den Reeder und Unternehmer Konsul Bernick, der sich als ausgebuffter Strippenzieher anmaßt, die Schicksalsfäden seiner Mitmenschen nach Gutdünken knüpfen, lösen oder zerreißen zu können. Diese Eigenschaft führte dazu, dass er sich vollständig im Geflecht seiner Omnipotenzattitüden verstrickt und die Verbindung zu seiner sozialen Umwelt verliert (oder meint verloren zu haben). Insofern hat Bernick triftige Gründe, seiner Schwägerin Lona im letzten Akt des Stücks zu bedeuten, „wie einsam“ er „in dieser verkniffenen, verkrüppelten Gesellschaft“ sei. Sein scheinbares Geständnis verschleiert das psychologische Dispositiv, aus dem sein Isolationsgefühl erwächst. Die Einsamkeit, von der er spricht, ist eine Chiffre. Sie bezeichnet einen doppelt quälenden Zustand zwischen Angst und krimineller Hoffnung: auf der einen Seite die Angst, die unlauteren Machenschaften, auf denen Erfolg und Reputation basieren, könnten bloßgelegt werden, auf der anderen die perfide Hoffnung, der Mitwisser und Leidtragende dieser Intrigen möge doch dank der eigenen, also Bernicks, Skrupellosigkeit auf hoher See krepieren.
„Celebrity“ heißt eine Doppelinstallation, die Michael Elmgreen & Ingar Dragset in Karlsruhe inszeniert haben – inklusive Blitzlichtgewitter, das auf die Besucher des Eröffnungsabends gleißend niederging: Berühmt sein, berühmt sein, berühmt. Klick, klick, klick, ein Star, ein VIP, und sei es nicht mal mehr für eine Viertelstunde, wie einst von Andy Warhol propagiert, sondern nur für eine tausendstel Sekunde. Letzthin aber, so erklärte der Däne…