Benjamin Paul
Elizabeth Peyton: »Tony«
Westfälischer Kunstverein Münster, 14.7. – 27.8.2000
Elizabeth Peytons Zeichnungen sind so zart, als hätte eine Fee sie hingehaucht. Wie heißer Atem auf durchsichtigem Glas hinterlassen sie Impressionen, die sich gleich wieder zu verflüchtigen drohen. Denn zwischen den paar leichten Konturlinien und meist verhaltenen Schraffierungen, die hier und da ohne erkennbare innere Logik Farbakzente setzen, scheint immer der weiße Untergrund durch. Und selbst dann, wenn sie den Hintergrund flächig ausmalt, legt sich die Farbe nur wie eine dünne Schicht auf das Papier. So entsteht der fragile und luftige Eindruck dieser Zeichnungen, der so ganz den Persönlichkeiten der dargestellten, meist männlichen Charaktere zu entsprechen scheint. Denn diese sind freilich keineswegs hartgesottene, mit beiden Beinen tief im Leben stehende Kerle, sondern als wunderschöne, stark effeminierte Jünglinge gleichen sie vielmehr Engelserscheinungen, die Peyton wohl aus einer besseren und vor allem stilvolleren Welt herbeigezaubert hat.
21 solcher Zeichnungen und Aquarelle aus den letzten beiden Jahren, alle ihren Lebensgefährten Tony zeigend, hat der Westfälische Kunstverein Münster diesen Sommer ausgestellt. Auf fast jedem der meist kleinformatigen Blätter (in der Regel messen sie 15 x 21 cm) ist Tony im Bett zu sehen, manchmal wie er sich schutzsuchend kopfüber im Kissen verkriecht, dann wieder wie er beneidenswert zufrieden und ausgeglichen im wonnigen Tiefschlaf versunken ist oder auch wie er gerade erwacht, sich mit verträumtem Silberblick den BetrachterInnen zuwendend. Einem Reisetagebuch ähnlich notiert Peyton zuweilen am Fuß der Zeichnungen mit Bleistift Ort und Datum dieser sich immer wieder in verschiedenen Räumen zu verschiedenen Zeiten auf aller Welt…