Paolo Bianchi
Eisen 89
»Perspektiven Schweizer Eisenplastik«
Hallen- und Freiraumausstellung, 20.5.-20.8.1989
Warum, mag sich mancher fragen, wo ja heute grundsätzlich jedes Material kunstfähig geworden ist, wird Eisen zum Thema einer Ausstellung gewählt. Derjenige, der weiß, daß in Dietikon (unweit von Zürich gelegen) ein bedeutendes metallverarbeitendes Gewerbe beheimatet ist, könnte an eine Propagandakampagne der Eisenfabrikanten glauben. Die “Eisen 89”, die größte je in der Schweiz gezeigte Werkschau von “Eisenkunst”, hat einen dominanten – sicherlich aber nicht erstrangigen – Grund: Die Schweiz gilt heute, gemessen an der Größe und Bevölkerungszahl, als das Land mit der größten Zahl von Eisenplastikerinnen und Eisenplastikern. Des Schweizers Liebeshang zum Metall Eisen kann weniger mit rationalen Gründen denn vielmehr mit esoterisch-mystischem Kunst-Wollen erklärt werden. Ähnlich wie dies im Kunstforum-Band “Bild und Seele. Art brut und Outsider-Kunst” anhand des Wasserzeichens Kunst vorgenommen wurde, wäre gleiches im Eisenzeichen der Kunst möglich, wenn auch wohl unter anderen Vorzeichen, jedoch ohne größere Abweichung vom dort geäußerten Gedanken, der in der Spirale einen wichtigen Schlüssel für das Kunst-Sein sieht.
Von der ignoranten Kanonen- und Bombenproduktion und phantasievollen Schlosserkunst über Gaudis kühnen Architekturvisionen und dem heute 100jährigen Eiffelturm (der größten Eisenplastik der Moderne) zieht sich die Anwendungsgeschichte des Materials Eisen hin bis zu dessen Auftritt im Bereich der bildenden Kunst im 20. Jahrhundert. Kein Geringerer als Pablo Picasso schuf mit seiner berühmt gewordenen “Gitarre” (1912) aus Eisenblech und Draht “die Inkunabel der modernen Eisenplastik”. Die Gebrüder Pevsner und Naum Gabo gehören zu den Pionieren der Eisenplastik; Gabos Köpfe, aus Platten und Stangen gefertigt, setzen 1916 ein. Als…