Einst dezimiert, heute begehrt?
Der Wandel im Umgang mit dem Bauerbe der DDR
von Arnold Bartetzky
Nach dem Untergang der DDR schien es eine Zeitlang, als werde in Ostdeutschland mit dem gescheiterten Staat auch eine ganze Bauepoche abgewickelt. Die Architektur der Moderne, mit der die DDR nach einer kurzen Phase des stalinistischen Neohistorismus’ Fortschrittlichkeit und Anschluss an internationales Niveau demonstrieren wollte, wurde bis auf Ausnahmen als potentieller Entsorgungsfall wahrgenommen. Unzählige Bauten, darunter Re-gierungs- und Verwaltungsgebäude, Kulturhäuser oder auch Unternehmenszentralen verloren ihre Funktion, weil die Institutionen, die sie beherbergt hatten, verschwunden waren. Zugleich stimmten die Ostdeutschen mit den Füßen gegen die Wohnungen im Plattenbau ab, deren Zuweisung noch wenige Jahre zuvor als Treffer im Lotto gegolten hatte. Rasch entvölkerten sich die Riesenwohnkomplexe am Stadtrand, die die DDR seit den 1970er Jahren, sehr zu Lasten des dramatisch verfallenden Altbaubestands, aus dem Boden gestampft hatte, um das ideologisch zentrale Staatsziel der Versorgung der ganzen Bevölkerung mit Wohnraum zu erreichen. Aber auch in den Innenstädten verließen viele Mieter ihre einst so begehrten Neubauwohnungen, um sich den Eigenheimtraum in den neu entstehenden vorstädtischen Speckgürteln zu erfüllen, oder auch um in den Genuss von hohen Räumen, Stuck und Parkett im nunmehr sanierten Altbau zu kommen.
In der frühen Nachwendezeit gab es nur eine Handvoll Fachleute und Enthusiasten, die in der Architektur der DDR-Moderne einen baukulturellen oder auch nur historischen Wert erkannten. Der schlechte Stand dieses Erbes lag keineswegs in erster Linie an ideologischen Aversionen von aus Westdeutschland zugewanderten Politikern und Stadtplanern, wie immer wieder behauptet wird. Denn die als…