Einladung zum Rückspiel
Silberblick von Isabelle Graw
Überraschend defensiv stellt sich die Autorin vor. Von “Empörung” und “Verwunderung über den forschen und anmaßenden Gestus” ihrer früheren Texte schreibt Isabelle Graw im Vorwort und vermutet Kompensation fehlender akademischer Kenntnisse der Kunstgeschichte. Gute Aufstiegschancen und Interesse an den Machtbeziehungen im Kunstbetrieb hätten sie, die einstige Politologiestudentin, zur Kunst gezogen. Die Autorin, seit 1990 Herausgeberin von Texte zur Kunst, nimmt, so ließe sich spekulieren, ihre Aussagen zurück.
“Silberblick” versammelt Beiträge, die Graw seit 1988 in Artis, Flash Art und ihrer eigenen Zeitschrift veröffentlicht hat: Interviews und Analysen mit einer enormen Themenvielfalt – von Pierre Klossowski bis Gerhard Richter, von Gordon Matta-Clark bis V-Girls, von der Whitney-Biennale 1993 bis “when tekkno turns to sound of poetry” 1995 in Berlin. Auch das mag zunächst verblüffen. Doch die Gespräche mit den Theoretikern Benjamin Buchloh und Peter Bürger, die Graw an den Anfang gestellt hat, machen schnell klar, worum es der Autorin mit “Silberblick” geht: Ihre Reflexionen über Strategien von Künstlern und Kunsttheoretikern zeichnen ein Bild vom Kunstbetrieb als sozialem System, in dem nicht nur Arbeitsmethoden und Marktlage über Machtverhältnisse entscheiden, sondern vor allem auch Sprache und Geschlecht. Daher der Titel des Buchs. “Nur von Frauen sagt man schließlich, daß in ihrem Blick etwas Zweideutiges liege”, behauptet Graw und findet im Vorwort die doppeldeutige Metapher, daß die Hoffnung auf die Politizität eines Kunstwerks seine Interpretation versilbere.
Auf jeden Fall beeinflußt sie die Methode der Autorin. Sie recherchiert Arbeitskontexte, Ausstellungen, Galeriekontakte der Künstler und berücksichtigt, eingedenk der Bourdieuschen Kategorien von sozialem und…