PAOLO BIANCHI
einfach komplex. Bildbäume und Baumbilder in der Wissenschaft
Museum für Gestaltung, 30.4. – 4.9.2005
Der Baum – das ist auch die eindrucksvolle Geschichte einer Metaphorik. In seiner ganzen Gestalt, mit seinen in der Erde verhafteten Wurzeln, dem senkrecht aufsteigenden Stamm und der den Wolken zustrebenden Krone steht er für eine Figur der Verbindung zwischen dem Leben auf der Erde und dem Himmel. Wenn Wissenschaftler Bildbäume oder Baumbilder verwenden, um historische Konstellationen oder mathematische Algorithmen darzustellen, dann ist es nicht selten der Baum der als Sinnbild von Macht oder als Symbol für Kraft fungiert. Im christlichen Kontext wird von ihm als dem “Baum der Erkenntnis” gesprochen. Obschon bereits Mitte der Siebzigerjahre Gilles Deleuze und Félix Guattari dafür plädierten, die Baumfigur als Metapher der Geisteswissenschaften durch das Rhizom (Wurzelwerk) als nicht-hierarchische Form abzulösen, feiert die Zürcher Ausstellung “einfach komplex” die “Prägnanz” sowie die “konzeptuelle und visuelle Anpassungsfähigkeit” des Baumes. Die ideologischen Abgründe der Baumfigur bleiben dabei unangetastet. Den Gang durch die Ausstellung gliederten die beiden Kuratoren, Andres Janser und Barbara Bader, nach den drei Grundfunktionen der Baumfigur: Wachstum, Austausch und Ordnung.
Die “Abteilung Wachstum” beginnt mit dem botanischen Experiment “Mischwald” des Künstlerpaars Gerda Steiner & Jörg Lenzlinger: natürliche und künstliche Zweige verbinden sich mit anorganischen kleinen Bäumen, die durch die Kristallisation einer farbigen Düngerlösung entstehen. Was durch das Geäst in ein Wasserbecken tropft, wird in einem Kreislauf dem Wald wieder zugeführt. Gleich daneben die Fotografie eines Bakteriums aus einem Labor der Biotechnologie. Was sich bei der Betrachtung durch das Mikroskop als farbloses “Bäumchen…