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Titel: dOCUMENTA (13) · von Michael Hübl · S. 27 - 41
Titel: dOCUMENTA (13) , 2012

Michael Hübl
Eine Omnipotenzphantasie

Die dOCUMENTA (13) zwischen kosmischem Einschlag
und Kleingarten-Appeal, NS-Reminiszenzen und Quantenphysik

Grandios, genial, endlich auf der Sonnenseite des Glücks – so mag sich Christoph Kolumbus gefühlt haben, als er 1493 im Triumph durch Spanien zog. Er war auf breiter Front gescheitert, hatte weder den von den katholischen Mächten Europas dringend gewünschten alternativen Seeweg nach Indien entdeckt, noch war er auf die versprochenen reichen Goldvorkommen gestoßen. Mit Müh und Not waren er und seine Mannschaft auf ein paar fremden Inseln angelandet, aber immerhin: Sie hatten erste Ausläufer jener Gegend betreten, die Kolumbus später „eine neue Welt“ nennen sollte. Und sie hatten den Keim für einen gnadenlosen Genozid implantiert, der aus einem Amalgam aus Gier und Glaubensfanatismus gespeist wurde. Während die Seefahrer über den Atlantik segelten, hielt sich Albrecht Dürer in Basel auf und entwarf einige Illustrationen für ein satirisches Werk, das Ausdruck einer durch radikalen gesellschaftlichen Wandel ausgelösten Verunsicherung ist und überraschend schnell zum Bestseller wurde: Sebastian Brandts „Narrenschiff“. Von „El Taco“ und „El Chaco“, den beiden Meteoriten aus Südamerika, die zu den konzeptuellen Grundbausteinen der dOCUMENTA (13) 1 gehören, konnte der ebenso neugierige wie aufgeschlossene und ehrgeizige junge Künstler damals nichts wissen. Sie waren noch nicht gefunden.

Dürer und die Documenta? Da gibt es, was den Ausstellungsbetrieb des Jahres 2012 anbelangt, durchaus einen Zusammenhang. Zunächst auf der organisatorisch-administrativen Ebene: In Nürnberg wollte man partout erzwingen, dass die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen das Selbstporträt des Renaissance-Malers von 1500 als Leihgabe für das Vorhaben „Der frühe Dürer“ bereitstellen, ein Mega-Ereignis mit hohem Marketing-Effekt,…



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