Michael Hübl
Eine neue Adresse in Wien: Schleifmühlgasse
Die Galerien Kerstin Engholm, Georg Kargl und Christine König
Berlin ist polyzentrisch, in Wien dreht sich alles um den 1. Bezirk. So könnte der erste flüchtige Eindruck sein. Als ‘axis mundi’ der gotische Dom St. Stephan mit der nächst gelegenen Galerie, über die mittelalterlich strukturierte Mitte verteilt einige Institutionen, dann am Ring, gleichsam als Fassung das MAK und das Kunsthistorische Museum. Doch spätestens am Sezessionsgebäude oder noch weiter draußen, beim 20er-Haus, dem Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien, wird klar, dass auch in der österreichischen Bundeshauptstadt die Kunstwelt keine Scheibe ist. Auch hier gilt: Das Territorium erweitert sich und wird dezentralisiert.
Peu à peu etabliert sich neuerdings die Schleifmühlgasse im 4. Bezirk als neue Kunstadresse. Jüngst hinzugezogen: Die Christine König Galerie, die zehn Jahre nach ihrer Gründung frisch renovierte Räume bezogen hat und zur Eröffnung Arbeiten von Künstlern präsentierte, mit denen sie teilweise bereits seit geraumer Zeit zusammenarbeitet. Zum Auftakt waren Bilder und Objekte von Teresa Hubbard & Alexander Birchler, Karin Kneffel, Flora Neuwirth, Arnulf Rainer, Gerhard Rühm, Anne Schneider und Ann-Sofi Sidén zu sehen. Nebenan hatte einen Monat zuvor Kerstin Engholm ihre Galerie eröffnet – mit Fotoarbeiten des 1961 in Salzburg geborenen Künstlers Lois Renner, die ein prima vista unüberschaubares vielschichtig gestaffeltes In- und Durcheinander von Arbeitstischen, Bildern, Malmaterialien zeigen. Renner begibt sich auf eine doppelte Reflexionsebene: Er dekonstruiert das Medium Malerei und hinterfragt zugleich die Funktion der Fotografie, die in der Kunst schon lange von der Rand erscheinung zur tonangebenden Disziplin avanciert ist….