Denken 3000
Bruno Latour
Eine Methode zum Schutz vor akademischen Fragen
Ein Gespräch mit Oliver Zybok
Um die Person Bruno Latour hat sich seit den neunziger Jahren ein interdisziplinäres Netzwerk in der Wissenslandschaft gebildet, das zunehmend schulenbildend wirkt. Zu seinen wichtigsten Forschungsgebieten zählen schwerpunktmäßig die „Science & Technology Studies“, darin vor allem das Konzept der „Actor-Network-Theorie“, bei dem heterogene Netzwerke den Kern bilden. Sie umfassen unterschiedliche soziale, technische und natürliche Akteure, die alle den selben Status haben. Latour ist ein äußerst kontrovers diskutierter Autor, der genauso euphorische Verehrer wie erbitterte Gegner hat. Zahlreiche Schubladen sind bereits geöffnet, aber noch ist er nicht kanonisiert. Latour entwirft eine Gesellschaftstheorie, die um die Welt der Dinge erweitert ist. Mikroben und Moleküle, technische Artefakte und nichtmenschliche Akteure, in seiner Welt hat alles seinen Platz.
Bruno Latour, 1947 geb. in Beaune (Burgund), Gastprofessor an der London School of Economics und an der Historischen Fakultät der Harvard University, nach dem Studium der Philosophie und Anthropologie sowie Feldforschungen in Afrika Promotion an der Université de Tours, 1982 – 2006 Professor für Soziologie an der Ecole Nationale Supérieure des Mines in Paris, seit 2006 Professor an der Universités à Sciences Po in Paris, seit 2007 Leiter des Institut d’Etudes Politiques de Paris
Oliver Zybok: Peter Sloterdijk hat sie als einen „radikaldemokratischen Wissenschaftsoptimisten“ bezeichnet, dessen Forschungen „eine heitere Philosophie der von Explikationsprodukten bevölkerten Welt“ darstellen. Zwischen den Zeilen seiner Einschätzung über Ihre Person kann man herauslesen, dass Sie sich nicht leicht einer wissenschaftlichen Disziplin zuordnen lassen. Würden Sie dem zustimmen?
Bruno Latour: Ja, ich stimme zu,…