Jürgen Brickmann
Eine häßliche Grafik wird eher als wissenschaftlich empfunden als eine schöne
Heute scheint es immer mehr Wissenschaften zu geben, die sich zwischen den herkömmlichen Wissenschaften ansiedeln. Gehört denn die physikalische Chemie auch zu diesen grenzüberschreitenden Wissenschaften wie etwa die Biophysik oder die Neuropsychologie?
Die eigentlichen Zwischenbereiche liegen ganz woanders. Die physikalische Chemie ist bereits ein sehr traditionsreiches Grundfach, in dem einfach physikalische Methodik auf chemische Systeme angewendet wird. In erster Linie sind dies Meßmethodiken, d.h., man versucht mit allen möglichen neuen elektronischen oder mechanischen Verfahren, den Geheimnissen der Natur auf die Schliche zu kommen. Die Methodik der physikalischen Chemie wie der Physik ganz generell durchzieht eigentlich die gesamte experimentelle Naturwissenschaft.
Sie sprachen gerade von elektronischen Verfahren. Läßt sich denn bereits sagen, in welchem Ausmaß die Verwendung des Computers die Wissenschaften verändert und ihr ganz neue Dimensionen erschlossen hat? Die nicht-linearen Gleichungen, wie sie etwa der Chaostheorie zugrunde liegen, konnten ohne Computer wohl gar nicht gelöst werden, weil einfach der Aufwand viel zu groß war und man die Mathematik auch nicht so visualisieren konnte.
Ich werde Ihnen ein Beispiel erzählen, das aus meinem eigenen wissenschaftlichen Werdegang stammt. Ich habe 1974 in Konstanz angefangen, eine Apparatur zu bauen, die es mir gestattete, Simulationsrechnungen zu visualisieren, d.h., die Bewegungen von molekularen Bewegungen auf einem Bildschirm zumindest rudimentär so darzustellen, daß man sich davon ein “Bild” machen konnte. Die damals verfolgte Strategie basierte auf meiner Überzeugung, daß man sich als Mensch durch die Visualisierung intuitiv über ein solches Szenario ein Bild machen kann, was man…