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Titel: Die Zukunft des Körpers I · von Lev Manovich · S. 124 - 135
Titel: Die Zukunft des Körpers I , 1995

Lev Manovich
Eine Archäologie des Computerbildschirms

1. Ein Bildschirm

Aktuelle Mensch-Computer-Schnittstellen scheinen radikal neue Möglichkeiten für Kunst und Kommunikation zu eröffnen. Virtuelle Realität (VR) ermöglicht es uns, durch nicht existierende dreidimensionale Räume zu reisen. Wenn ein Computerbildschirm mit einem Netzwerk verbunden wird, dann wird er zu einem Fenster, durch das wir an einem Tausende von Kilometern entfernten Ort anwesend sein können. Mit einer Maus oder einer Videokamera wird ein Computer schließlich zu einem intelligenten Wesen, das uns in einen Dialog verwickeln kann.

VR, Interaktivität und Telepräsenz wurden durch die neue Technologie des digitalen Computers ermöglicht, aber sie wurden durch den Bildschirm, eine weitaus ältere Technik, verwirklicht. Indem der Benutzer auf einen Bildschirm sieht, eine flache, rechteckige Oberfläche, die sich in einer bestimmten Entfernung von seinen Augen befindet, empfindet er die Illusion, durch virtuelle Räume zu navigieren, irgendwo anders körperlich präsent zu sein oder durch den Computer selbst herbeigerufen zu werden. Während sich Computer erst im letzten Jahrzehnt in unserer Kultur allgemein verbreitet haben, wurde der Bildschirm hingegen seit Jahrhunderten zur Darstellung visueller Informationen benutzt – von der Malerei der Renaissance bis zum Kino des 20. Jahrhunderts.

Der mit einem Computer verbundene Bildschirm wird schnell zum wichtigsten Mittel, um an jede Art von Information zu kommen, egal ob es sich dabei um Bilder, bewegte Bilder oder Text handelt. Wir verwenden ihn bereits, um Tageszeitungen zu lesen, Kinofilme anzuschauen, mit Kollegen, Verwandten und Freunden zu kommunizieren, und, vor allem, um zu arbeiten: die Bildschirme von Fluglinienagenturen, von Angestellten, die Daten eingeben, von Sekretärinnen, Ingenieuren, Ärzten, Piloten…


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