RAINER METZGER
Einbildung. Das Wahrnehmen in der Kunst
Kunsthaus Graz, 25.10.2003 – 18.1.2004
Als Höhepunkt der Festivitäten, in denen die Kulturhauptstadt Europas 2003, die steirische Metropole Graz, ein Jahr lang schwelgt, haben sie dort das Kunsthaus eröffnet. Was heißt eröffnet: Einen Monat lang, von Ende September bis Ende Oktober, konnte man sich die Architektur pur zu Gemüte führen. Man konnte die bläuliche Hülle sehen, “Skin” genannt, und die wie Blutgefäße an die Außenhaut anschließenden, rüsselartigen Ausbuchtungen, die “Nozzles”, die die Fenster Richtung Tageslicht treiben. Die Begriffe der Beschreibung deuten schon auf das Biologistische hin, dem zu folgen es den beiden Planern, Peter Cook und Colin Fournier, gefiel. Das Haus hat etwas Weichteilartiges, Organoides, Schlüpfrig-Molluskiges. Es ist eine Blase.
Peter Cook hatte schon in den Sechzigern, als Mastermind der englischen Urbanpropheten “Archigram”, Komplex und Körper zusammengedacht. Es war die Zeit der fröhlichen Utopien, der Stadt als Stecksystem, und nicht von ungefähr nannten sich Cooks Kollegen in Japan Metabolisten. Der Stoffwechsel, der Blutkreislauf und was sonst noch der Spezies Mensch zum sich Reproduzieren verhilft, lieferten die Modelle für das Ineinandergreifen der Funktionsbereiche. Heute geht es etwas unterkomplexer zu, und es reicht der Ausgriff ins Veterinäre, um dem Bauen ein Bild zu geben. Eine Ästhetik des Hässlichen inbegriffen: Das Kunsthaus Graz sieht aus wie ein Kuhherz.
Dieses konvex-konkave Etwas war nun mit derlei Konventionellem wie einer Ausstellung zu füllen. Um es vorwegzunehmen: Der Chef des Hauses, Peter Pakesch, ehedem in Basel an der Kunsthalle tätig, hat alles richtig gemacht und der amorphen Masse an Umhüllendem eine Präsentation…