Daniela Goldmann
Historia Abscondita –
Ein Szenario von Vilém Flusser
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um die kommentierte Zusammenfassung eines Vortrages, den Vilém Flusser im Juni 1991 in München gehalten hat.
Das Thema lautete “Fotografie und Geschichte”. Da diese Veranstaltung infolge der räumlichen Möglichkeiten nur einer beschränkten Zahl von Zuhörern zugänglich war, möchte ich die Gelegenheit ergreifen, hier wichtige Passagen daraus zu veröffentlichen. Sie zeigen, daß Vilém Flussers Sicht der Welt nicht nur für die Bereiche Ästhetik, Philosophie und Geschichte relevant ist, sondern daß sein Denken in hohem Maß auch von politischer Bedeutung ist.
Seine Texte, Besprechungen und Vorträge sind nie eine Aneinandereihung von reinem Faktenwissen gewesen. Sie sind im besten Sinne des Wortes literarisch. In ihrer Frische haben sie sich immer abgehoben von Konventionen und Traditionen. Ihre Stärke ist die breite Verankerung in Gebieten wie Anthropologie, Sozialgeschichte, Philosophie und Politik. Die Methoden der Linguistik und Hermeneutik bilden das Gerüst für seine Kommunikationsphilosophie, deren Anliegen es war, die Systeme und Codes zu untersuchen, mit denen sich Menschen untereinander verständlich machen, mit deren Hilfe sie versuchen, sich in der Welt zu orientieren.
Ich denke an Joseph Beuys und seine Aktion “Wie man einem toten Hasen die Bilder erklärt” (1965), bei der Beuys seinen Kopf mit Honig und Goldblättern bedeckt hatte. Er schrieb dazu: “Mit dem Honig auf dem Kopf tue ich natürlich etwas, was mit Denken zu tun hat. Die menschliche Fähigkeit ist nicht, Honig abzugeben, sondern zu denken, Ideen abzugeben. Dadurch wird der Todescharakter des Gedankens wieder lebendig gemacht. Der menschliche Gedanke kann…