AMINE HAASE
EIN SPIEGELBILD NEOLIBERALER BELIEBIGKEIT
FRANCESCO BONAMIS “TRÄUME UND KONFLIKTE” FALLEN WEIT HINTER DIE ERKENNTNISSE DER DOCUMENTA 11 ZURÜCK
Nach den ersten Äußerungen des neuen künstlerischen Leiters der Biennale Venedig, Francesco Bonami, hatte man annehmen können, die Documenta 11 von Okwui Enwezor sei Ausgangspunkt und Richtschnur für sein venezianisches Unternehmen. Ein äußerst ambitionierter Anspruch – aber auch Bonamis Abschiedsworte für seinen gut zwanzig Jahre älteren Vorgänger im Amt, Harald Szeemann, waren ja nicht gerade bescheiden ausgefallen: mit dem Generationswechsel werde sich die 50. Biennale verjüngt und fit fürs 21. Jahrhundert zeigen. Also warum nicht eine Biennale auf Augenhöhe mit der Documenta? Dass Bonami schlicht den Mund zu voll genommen hat, zeigt jetzt das Resultat. Das kann weder mit den zwei vom “alten” Szeemann veranstalteten Biennalen Schritt halten – trotz deren damals monierter Mängel -, noch mit der Documenta von 2002. Für den keck behaupteten Vorteil eines “Generationswechsels” gibt es keinerlei Beweise. Und was den Vergleich mit der Kasseler Groß-Ausstellung betrifft, so kann man – für Bonami entschuldigend – darauf hinweisen, dass weder die technischen, noch die finanziellen Voraussetzungen vergleichbar sind.
Es bleibt aber die Fehleinschätzung, dass elf Kuratoren eine bessere Schau veranstalten als ein einzelner Kurator. Auch Okwui Enwezor hat mit sechs Co-Kuratoren gearbeitet, aber das sechsfache Präfix “Co” weist darauf hin, dass er der verantwortliche Kurator war. Die Idee von Bonami, dass fast ein Dutzend Ausstellungsmacher ihre Ideen entwickeln und visualisieren, ohne seine leitende Intervention, erwies sich als wenig ergiebig – zumindest für den Besucher. Der Vergleich mit den Inseln, die…