Stephan Balkenhol
Ein Moment der stillen Zwiesprache
Zur Präsenz der Skulptur
Ein Gespräch mit Judith Elisabeth Weiss
Ungeglättet und schroff, mit Splittern und Rissen sowohl den bildhauerischen Prozess wie auch die „Lebendigkeit“ des Materials offenbarend, geben sich Stephan Balkenhols Skulpturen als Bilder des Menschen zu erkennen, die keiner erzählerischen, keiner psychologisierenden oder politisierenden Intention folgen wollen. Viel- und nichtssagend, „ohne oberflächliche Geschwätzigkeit“ sollen die Figuren sein und dabei von jeglichen allegorischen Implikationen befreit werden. Das Werk des Künstlers, das seit 1983 in zahlreichen Ausstellungen weltweit und in großen Retrospektiven (Hamburg 2008/09, Grenoble 2010/11) zu sehen ist, zeichnet sich durch das Bestreben aus, die figurative Skulptur neu zu begründen. Seine 2012 in der St. Elisabeth Kirche in Kassel installierte Figur Mann im Turm entfachte eine Diskussion um die Autonomie der Kunst, nachdem sie von den Machern der dOCUMENTA 13 heftig kritisiert wurde.
Stephan Balkenhol wurde 1957 im hessischen Fritzlar geboren und hat bei Ulrich Rückriem an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg studiert. Nach Lehraufträgen in Hamburg und Frankfurt/Main lehrt er seit 1992 als Professor für Bildhauerei an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe. Er lebt und arbeitet in Kassel, Karlsruhe, Meisenthal (Frankreich) und Berlin.
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Judith Elisabeth Weiss: Die Herausforderung des Kunsthistorikers bei der Betrachtung von Kunst liegt darin, dass er Übersetzungen des Bildes in Sprache leisten muss – anders kann er sich in der Regel nicht mitteilen. Dieser Prozess ist komplementär und defizitär, er nimmt etwas weg und fügt etwas hinzu. Sie selbst schaffen Skulpturen – und sprechen nun über Ihre…