Ian Hamilton Finlay
Udo Weilacher: Welches sind die wichtigsten Zutaten Ihres Gartens?
Ian Hamilton Finlay: Feingefühl, Takt und ein Gespür für Komposition. Über diese Dinge wird leider nie gesprochen, weil man nur schwer über Harmonie als Inhalt schreiben kann.
Welche Bedeutung hat der Naturbegriff für Sie?
Für mich ist die Natur zum einen das Reich des Tragischen, der Zerstörung und zum anderen das, was Rousseau darunter verstand. Es ist auffällig, daß Rousseau den Begriff Natur nie definierte, sondern ihn nur als Gegenteil des Artifiziellen nutzte. Er stellte damit das Artifizielle bloß, er verurteilte es, wie man Gut und Böse gegeneinander setzt. Mir geht es ähnlich. Ich kann Natur wie Rousseau verwenden oder als Rohmaterial einer idealen Landschaft betrachten. Normalerweise stelle ich der Natur die Kultur gegenüber. Es gibt natürlich eine Menge Natur in meinem Garten, wenn man so will. Im Unterschied zur herkömmlichen Verwendung ist für mich die Natur aber nicht der ultimative Ausdruck des Guten.
Es gibt viele neue Baumpflanzungen von eigenwilliger Heterogenität in Ihrem Garten. Welches Konzept steckt dahinter?
Das Grundkonzept meines Gartens basiert auf der Vorstellung vom Hain, der für mich ein Art platonische Form ist. Der Garten ist außerdem so organisiert, daß man zunächst den vorderen Garten und dann den Waldgarten durchquert, bevor man schließlich sehr abrupt in die offene Landschaft geht. Das ist ein sehr bedeutender Effekt, der mir durchaus bewußt ist, aber ich erzwinge dieses Erlebnis nicht. Ich nutze es, denn die Umgebung ist vorhanden. Der Hain ist für mich das Grundelement des Gartens, denn er bietet einem viele gestalterische…