Thomas Ruff:
Ein Foto muß es zweimal geben
Ein Gespräch mit Karlheinz Schmid
K.S.: Du hast ich, ebenso beharrlich wie sparsam im Einsatz der fotografischen Mittel, auf ein Thema eingelassen, das schon seit Jahrhunderten in der bildenden Kunst eine Rolle spielt. Ermöglicht das Porträt, kurz vor dem Eintritt ins nächste Jahrtausend, immer noch innovatives Arbeiten? Oder bist du, der zur Zeit bekannteste Künstler aus der Düsseldorfer Becher-Klasse, ohnehin nicht an Erfindungen interessiert?
T.R.: Im Moment brauchen keine neuen Bilder erfunden zu werden. Es sind ohnehin schon genug da. Ich denke, wenn wir uns durch die Bilder, die es schon gibt, noch mal sauber durcharbeiten, dann sind wir die nächsten zehn Jahre beschäftigt.
K.S.: Die Jury hat den mit 15 000 Mark dotierten “Ersten Deutschen Photopreis ’89” einstimmig für deine Arbeit vergeben. Nicht zuletzt diese Bestätigung lenkt den Blick der Öffentlichkeit noch intensiver auf das vermeintlich banale Konzept. Welche Haltung verbirgt sich hinter einer Porträt-Fotografie, die weitgehend auf Effekte verzichtet, den einmal bewährten Bildausschnitt wiederholt vorführt und Menschen der jungen Generation bevorzugt?
T.R.: Das mit dem banalen Konzept habe ich in den letzten Jahren zu oft gehört. Meine Haltung? Ich würde es mit Henri-Frédéric Amiel formulieren: Ich habe einen objektiven Verstand und ein zärtliches Herz.
K.S.: Die meisten Insider loben dich überschwenglich: Klaus Honnef würdigt die “unselbstverständliche Selbstverständlichkeit”; Peter Weiermair schätzt die “ganz radikale Reduktion” deiner Fotografie, und Kasper König sieht eine “präzise und zugleich offene Bildformulierung”. Dagegen hat dich ein Frankfurter Lokaljournalist als “Steckbrief-Fotograf” bezeichnet. Diffamie oder ebenfalls Anerkennung?
T.R.: Dazu muß ich dir die neueste Variante…