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Essay · von Georg Jappe · S. 19 - 22
Essay , 1982

Ein Dokument

von Georg Jappe

Meine Sammlung ist untergebracht. Ich bin erleichtert. Count-down hat begonnen.

Früher dachte ich an 15.000 Fuß, aber die Gefahr der Verschüttung ist zu groß. Ein trockener, anfangs verwinkelter Stollen genügt, 3000 Fuß bergeinwärts. Trocken muß er sein und einsturzsicher. In Gestein weiß ich Bescheid. Stein, welche Würde! Jeder Stein.

Auch von der Osterinsel. Von jeder Schrift zwei Beispiele. Weltliteratur auf Mikrofilm, wenngleich Entwicklungsmöglichkeit zweifelhaft. Aus jeder Sprache das repräsentative Buch, Dantes Inferno, Gullivers Reisen, Krieg und Frieden, Bericht für eine Akademie . . . Nützt zwar nichts, da eine unbekannte Schrift nicht durch Vergleich mit einer anderen unbekannten Schrift entziffert werden kann, aber als Beleg: wir waren eine Schriftkultur. Entsprechende Straßenphotos, wenig haltbar. Gleiches gilt für Partituren. Auch wenn ich sämtliche Instrumente daneben gelegt habe. Um Mozart tut es mir leid. Echt leid.

Die bildende Kunst eignet sich am besten zur Überlieferung. Hier bin ich von Anfang an ausführlich gewesen, in vierzig Jahren, dazu das Familienerbe, kommt einiges zusammen, auch an echten Impressionisten. In sechs verschiedenen Ländern unterirdisch gelagert, hauptsächlich gestapelt, sachgemäß, aber immer wieder in einigen Sälen den Überblick inszeniert, von Lascaux bis Warhol. Und ich glaube, gut inszeniert, einleuchtend. Natürlich das meiste in Kopien; einen gefälschten Rembrandt wollte ich nie. Natürlich kommen meine Zeitgenossen besser weg, besonders meine zufälligen Freunde, schon rein zahlenmäßig und eben: Originale. Obwohl solche Feinheiten nicht nötig sein werden. Daß Matisse oder van Gogh wichtiger wären als Smith und O’Donnor, weiß ich auch, aber mich amüsiert das eher: nach 5000 Jahren wird man Leonardo…

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