Christiane Fricke
Edward Weston
Kunsthalle, Düsseldorf, 23.3. – 5.5.1996
Fotomuseum, Winterthur, 8.6. – 18.8.1996
Die Dinge, die man nicht sehen kann, sind die bedeutendsten. Sie können nicht fotografiert, nur angedeutet werden.” Kein zweites künstlerisches Credo dürfte sich von den Überzeugungen des amerikanischen Fotografen Edward Weston (1886-1958) weiter entfernt haben, als das des um mindestens zwei Generationen jüngeren Kollegen Duane Michals. Wo Weston versuchte, “ohne Vorurteile, ohne Taschenspielertricks, ohne Fälschungen” “die Dinge zu sehen oder zu erkennen, wie sie sind”, bekannte sich Michals für “reale Träume” (1976), das Überschreiten von Grenzen und “die schwierigen Dinge des Lebens” – Ängste, Kindheits-Traumata, Triebe und Alpträume. Michals grenzte sich radikal ab: “Mach dich von Weston frei, vergiß Diane Arbus, Frank, Adams, White, schau dir keine Fotografien mehr an. Töte den Buddha.”
Doch Michals, 45 Jahre jünger, lebte bereits in einer anderen Zeit, als er Edward Weston und andere vom Thron stürzte. Um das Phänomen Weston richtig einordnen zu können, ist es notwendig, seine eigene Zeit und sein Werk zu befragen, das nun in großzügiger und alle Werkphasen umfassender Bestückung, einschließlich dem selten gezeigten Frühwerk, zu sehen ist. Von den 2000 vintage prints, die der Sammler William H. Lane in den 60er Jahren von den Erben erwarb, sind 178 für diese Ausstellung zusammengestellt worden.
Edward Weston zählt neben Alfred Stieglitz, Paul Strand und Walker Evans zu den ambitionierten Repräsentanten der Moderne, die die Fotografie als eine fundamental neue Sehweise verstanden und davon überzeugt waren, neue Maßstäbe des Sehens zu setzen. Weston bezeichnete seine Aufnahmen als eine Offenbarung und glaubte,…