Editorial
Go, Travel, Drive, Move
Erdenklich. Das Reisen erschließt uns etwas von der Welt, das wir auf keine andere Weise erfahren. Jenseits von Kommunikation durch Sprache und Begriffe, jenseits von Bedürfnisbefriedigungen wie Essen, Schlafen, Kampf und Sex ist alles abstrakt. Das Reisen gibt als emotionales Ereignis unseren Sinnen Nahrung, sowohl im Sinne von Selbsterfahrung als auch in der Spiegelung mit anderen Welten. Kultur und Denken bleiben lebendig, indem ihnen Dinge gefüttert werden, die außerhalb ihrer selbst liegen.
Gerade in einer Welt, in der uns Sinnlichkeit und Körperlichkeit abhanden kommen, in der sich der Mensch scheinbar unaufhaltsam in einen Nomaden verwandelt, der zwischen Myriaden von virtuellen Welten sein Glück sucht, können wir auf das Reisen als Erkenntnismittel und Weltgenuß nicht verzichten. Reisen ermöglicht emotionales Denken und bringt uns aus der dünnen Luft der Abstraktion und Virtualität zurück auf den Boden des Realen. Man hat eben nicht, wie der Hut des Zauberkünstlers, ungestraft mehrere Böden. Die Kraft des Realen bietet den Raum, den inneren Bauern auch bei urbanen Menschen zu suchen. Auf Reisen kann es durchaus vorkommen, daß wir glücklich und erstaunt feststellen, wie alles nur Erdenkliche im eigenen Verstand Wirklichkeit wird.
Intensives Reisen kann, ohne dabei an Tempo zu verlieren, zu einem Auf-der-Stelle-Treten werden. Das paradoxe Gefühl entsteht, daß die Welt in der Geschwindigkeit des Unterwegsseins sich auf uns zubewegt. Statt gegen den Raum zu gehen, kommen uns die Erde und der Horizont entgegen. Aus dem bloßen Reisen ist so ein Zen des Reisens geworden, eine Reise, die uns schwerelos über dem Boden gleiten läßt…