Die neue Auftragskunst
Ende der Autonomie?
herausgegeben von Sabine B. Vogel
Seit der Jahrtausendwende ist ein neues Phänomen auf dem Kunstmarkt zu beobachten: die Rückkehr der Auftragskunst. Früher suchten vor allem Könige, Päpste und Fürsten die Dienste von Malern. In der Moderne brachen die Künstler mit diesem Prinzip. Aufträge galten in den Avantgarde-Bewegungen als verpönt, die Künstler bauten sich in den Salons, später in den Galerien stattdessen eine bürgerliche Käuferschicht auf. Jetzt beauftragen wieder Kirchen, Sammler und zunehmend auch Unternehmen Werke der bildenden Kunst.
Zwar gab es durch alle Zeiten Auftragskunst, sogar in Bewegungen wie Minimalismus und Konzeptkunst, wenn etwa Walter De Maria für die New Yorker DIA Art Foundation in den 1970er Jahren „Lightning Field“ entwickelte: In die offenen Landschaft von New Mexico stellte er 400 Metallstangen, die Gewitter anziehen und gewaltige Naturschauspiele erzeugen – gegen Voranmeldung kann man sich dort über Nacht einquartieren. Auch gab es vielfältige Aufträge im öffentlichen Raum. Aber das waren Einzelphänomene. Seit dem Ende des 20. Jahrhunderts ist dagegen die Auftragskunst wieder voll etabliert. So begann 1993 in Frankreich das Programm „Neue Auftraggeber“, das seit 2000 in Italien und Belgien, seit 2008 auch in Deutschland läuft. Privatpersonen oder Unternehmer können sich melden, um Kunst in Auftrag zu geben. Über 200 Projekte wurden schon realisiert: Da wollten Mensa-Mitarbeiter nicht länger anonym bleiben und beauftragten einen Maler für Portraits; Mitarbeiter einer Krebs-Klinik in Marseille wünschten sich von Michelangelo Pistoletto einen multikonfessionellen Andachtsraum und Erwin Wurm wurde mit einer mobilen Essstation für den Francois Mitterrand Platz in Lille beauftragt.
Diese Werke…