Berlin
Edith Dekyndt
Animal Methods
Konrad Fischer Galerie 13.09.– 16.11.2024
von Jens Asthoff
Ein Gutteil des ästhetischen Vergnügens, das man beim Betrachten der Arbeiten von Edith Dekyndt (* 1960, Ypern, Belgien) erlebt, basiert auf dem vielleicht naheliegenden Reiz, sich deren Ent-wicklungs- und Herstellungsprozesse vorzustellen. Meist ist nicht ganz leicht zu sagen, was man da eigentlich sieht und wie (bzw. ob) es gemacht ist: Artefakt, Naturobjekt, eine Mischung aus beidem? Mit ungewöhnlichen Formerfindungen und Materialkombinationen erscheinen die Werke in fragiler Schönheit paradoxerweise so rätselhaft wie intuitiv klar. Dekyndts künstlerische Praxis geht mit ausgeprägtem Gespür für unsichtbar wirkende Naturkräfte einher und entfaltet sich in experimentellen, materialsensitiven Verfahren. Oft bindet sie natürliche Prozesse in Arbeiten ein oder amalgamiert Naturmaterial mit artifiziellen Setzungen.
Eine der Naturkräfte, die die Ausstellung thematisch durchdringt, ist Toxizität. Im raumgreifenden Green of Schweinfurt (alle Arbeiten 2024) klingt das an: Der sechs Meter lange, bodentief von der Decke hängende rosa-weiß-gestreifte Vorhang ist am unteren Ende auf knapp zwei Metern satt eingefärbt in dunklem Grün; erst am oberen Rand des Verlaufs blüht der Ton in blassere Nuancen aus. Schweinfurter Grün, 1805 entdeckt und ab 1808 industriell hergestellt, wurde wegen seiner Intensität und Lichtechtheit gern für Anstriche und Tapeten verwendet, erwies sich aber als giftig und wurde 1882 verboten. Die Künstlerin nutzt eine heute erhältliche ungiftige Version des Grüns, hält Toxizität aber in Titel und Ton präsent. Die Gestaltung überantwortet sie materiellen Kräften, setzt das belgische Baumwolltuch per Kapillarwirkung der Farbe aus: Den zum Ballen gehefteten Stoff legt sie mit dem unteren Ende in grüne Flüssigkeit…