Jutta Koether
»Echte Massen werden zur Tapete, das ist ihr Schicksal«
Über Archäologie, Kopfbedeckungen, Künstlertum, Malerei und die Massen als Opfer
Gespräch von Diedrich Diederichsen
Diedrich Diederichsen: In den 80ern war doch das Besondere – im Guten wie im Schlechten -, daß in Köln, New York und anderswo Leute, die unter anderen Umständen Dichter, Rocker oder Journalisten geworden wären, Künstler wurden. Fühlst du dich dieser kunstfremden Energie innerhalb der Kunst zugehörig?
Jutta Koether: Das sind zwei verschiedene Dinge. Mein Entschluß, Künstler zu werden, hat mit Ermutigung oder Einladungen nichts zu tun, sondern hat sich aus der Beschäftigung mit der Archäologie und einem bestimmten Verständnis davon, wie Formen geschichtliche, zeitbezogene Formen werden, geformt. Die etwas später einsetzende Euphorie – jeder kann es, wenn er nur will – hat sicher meinem Selbstbewußtsein geholfen, gehört aber in einen anderen Zusammenhang.
Punkrockmäßig auf die Malerei stürzen
Vor den Neuen Wilden hast du aber eher so Zeitschriftenkunst gemacht, oder? Dieses Lyrik-irres-Layout-Kunst-Fanzines mit Thomas Giörtz?
Ja, das waren “Independent”-Produktionen, die nichts mit dem Kunstmarkt zu tun hatten, und in Schallplattenläden oder im allgemeinen kulturellen Umfeld, auf Konzerten etc. unter die Leute gebracht wurden … und der Erweiterung der Sinne, des Bewußtseins etc. dienten. Das war wie Tanzen. Die Bewegung aufzeichnen … Was denn gut war an den Neuen Wilden – und da kann man dann auch wieder eine Parallele zur Musik ziehen – war, daß Leute, die eigentlich nur Coverversionen und Zitate machten oder machen wollten, plötzlich ein Genre auf eine Weise rekonstruierten, daß es auch für sich selbst funktionierte. Das…