Christian Huther
“Eccentric Drawing”
Kunstverein, Frankfurt/Main, 8.4.-1.6.1998
Vom Barock bis zur psychedelischen Kunst der 60er Jahre reicht das zeichnerische Spektrum im Frankfurter Kunstverein. Dabei handelt es sich durchweg um Zeitgenossen, gerade mal zwischen 33 und 51 Jahre alt. Doch die sechs Künstler lehnen sich stilistisch an frühere Zeiten an; thematisch geht es eher subjektiv, phantastisch-verspielt, pathetisch, unverhohlen erotisch, exhibitionistisch oder gar drastisch sexuell zu. “Eccentric Drawing”, so der Titel der vom Zeichnungs-Spezialisten Peter Weiermair organisierten Ausstellung, greift den vermeintlich neuen, ach so alten Trend zum Erzählerischen und zur Körpersprache auf. Einzige weitere Gemeinsamkeit ist der figürliche Ansatz, ansonsten strebt man in die verschiedensten Richtungen. Und den Begriff des Exzentrischen bezieht Weiermair sowohl auf die Form wie auf den Inhalt der Zeichnungen. Jeder Künstler hat reichlich Platz zur Entfaltung seiner Ideen, erstreckt sich doch die Schau über drei Etagen.
Es beginnt im Erdgeschoß mit dem Franzosen Didier Trenet, der mit Wein, Kaffee oder Brennesselsud organisch Wucherndes aufzeichnet, das er durch Abdrücke von Gläsern ornamental abrundet, zuweilen aber dadurch auch ins bloß Dekorative absackt. Vom Rokokohaften gelangt man eine Etage höher zum Barocken, zu Pedro Proença, der in Angola geboren wurde und in Lissabon lebt. Proença erfindet phantastische, auch naive Mischwesen, Allegorien oder Embleme und orientiert sich dabei an barocken Vignetten, die er nach Lust und Laune zusammensetzt. Einmal wächst an einem männlichen Kinn ein Bart, der sich als langer Pinsel entpuppt; ein andermal wird die Nase zum Schwanenhals, der in der offenen Gehirnplatte herumstochert. Der Betrachter findet unentwegt neue absonderliche Details und wird wohl…