Christian Huther
Eberhard Havekost
»Retina«
Schirn Kunsthalle, Frankfurt/Main, 15.1.-14.3.2010
Das erste Bild zeigt eine Kuss-Szene, das letzte Bild eine bekleidete Frau unter Wasser, aber ohne Kopf. Dazwischen nur verschwommene, unscharfe Gemälde. Kein leichtes Unterfangen für den Betrachter, den Maler zu verstehen, der unstet zwischen Figuration und Abstraktion zu schwanken scheint. Aber dieser erste Eindruck täuscht. Eberhard Havekost, der 1967 in Dresden geborene und seit geraumer Zeit in Berlin lebende Künstler, weiß genau, was er will. Schon lange vor dem Boom um die Leipziger Schule wurde er bekannt mit figürlichen, aber banalen Motiven, die er beim weiteren Bearbeiten auf ihre Grundaussagen reduzierte. Museen von Amsterdam bis Chicago rissen sich darum. Mit seinen insgesamt 19 Bildern, die mit einer Ausnahme alle im vergangenen Jahr entstanden und nun erstmals in der Frankfurter Schirn Kunsthalle zu sehen sind, ist der Malerstar jedoch an einem Scheideweg angekommen.
Schirn-Chef Max Hollein sieht sogar einen „neuralgischen Punkt“ bei Havekosts „langjähriger Befragung medialer Realität“ erreicht. Die gegenständlichen oder relativ gut erkennbaren Gemälde zum Auftakt und Ausklang sind für den Künstler nur ein Rahmen für das, was er jetzt erprobt mit den „optisch undefinierbaren Bildern“ (Hollein). Sehen bedeutet für Havekost etwas zu erfassen, zu materialisieren. Dagegen kämpft er an, er will eine Entmaterialisierung der Objekte und des Blickes, ein Scheitern des Sehens. Denn jedes noch so wirklichkeitsgetreue Foto oder Bild, so der Maler sinngemäß weiter im Gespräch, vergrößert bereits den Abstand zur Realität und ist nur ein künstlicher Ersatz für den originalen Eindruck. Eine skeptische Einstellung angesichts der Bilderflut der Medien, die…