Fragen zur Zeit
Durch Covid in der Falle
Und: Führt der Wechsel im deutschen Staatsministerium für Kultur und Medien zu einem neuen Verständnis vom Wert der Kunst?
von Michael Hübl
Das Schusterhandwerk, von dessen Praxis die folgende Redewendung herrührt, wird zwar so, wie es der Ausdruck reflektiert, nur noch in einem Hochpreissegment ausgeübt. Und doch ist gelegentlich zu hören oder zu lesen: „Umgekehrt wird ein Schuh daraus.“ Das Idiom erhielt im Herbst 2021 eigene Aktualität. Als die österreichische Regierung nach einer politischen Irrfahrt auf ihrem Schlingerkurs in Sachen Covid 19 einen Stopp einlegte, um der Republik und damit auch den Museen einen abrupten Lockdown zu verordnen, meldete sich umgehend Klaus Albrecht Schröder zu Wort. In einer Videobotschaft kündigte der Direktor eines der Publikumsmagneten Wiens an, sein Haus, die Albertina, werde wegen der verordneten temporären Kulturquarantäne das Jahr mit einem Millionenverlust abschließen.1 Dabei sei man mit der Modigliani-Ausstellung2 auf bestem Wege gewesen. Ein unerwartet hoher Publikumszustrom habe sogar die Aussicht auf ein Finanzplus eröffnet, mit dem sich neue Projekte hätten realisieren lassen. Vorbei, finito.
Schröder stand mit seiner Klage nicht allein. Bereits Ende Oktober 2020 hatten in Deutschland Direktorinnen wie etwa Ulrike Groos (Kunstmuseum Stuttgart) oder Eva Kraus (Bundeskunsthalle Bonn) und Direktoren wie Peter Gorschlüter (Folkwang-Museum Essen) oder Alexander Klar (Kunsthalle Hamburg) dafür plädiert, die Museen vom seinerzeit in der Bundesrepublik akuten Lockdown auszunehmen.3
Und einen Monat, nachdem sich der Albertina-Chef an Öffentlichkeit und Politik gewandt hatte, konstatierte Stella Rollig, Generaldirektorin des Belvedere, in einem Interview: „Irgendetwas muss geopfert werden. Man verlangt von uns zu…
