Jochen Becker
Dui Seid
»Artist`s Estate/Aus dem Besitz des Künstlers«
Karl Ernst Osthaus-Museum Hagen, 24.1. – 31.3.1997
Auch im Kunstbetrieb der USA markierte das ‘Phänomen AIDS’ ab Mitte der 80er Jahre einen tiefen Einschnitt, was die Sterbenden im Bekanntenkreis als auch der Wandel in Produktion und Kritik oder die Entstehung der nicht zuletzt von kulturellen Akteuren getragenen Initiative ACT UP betraf. An Douglas Crimps jüngst auch auf deutsch erschienenen Sammelband ‘Über die Ruinen des Museums’ lassen sich die Verschiebungen von einer akademischen Institutions-Kritik hin zum AIDS-Aktivismus gut nachvollziehen: Obgleich erst kürzlich publiziert, faßt ‘On the Museum`s Ruins’ die linke Kulturkritik am Museumsbetrieb vor der “AIDS-Krise” zusammen, während Crimps daran anschließende Buchprojekte wie ‘AIDS – Cultural Analysis, Cultural Activism’ (1987) und ‘AIDSdemoGRAPHICS’ (1990 gemeinsam mit Adam Rolston) sowie der Redaktionskonflikt bei der von Crimp mitherausgegebenen Kunstzeitschrift October an dieser Form von Arbeit für Kunst-räume Zweifel anmelden: “Wir müssen die idealistische Konzeption von Kunst aufgeben… Wir brauchen eine kulturelle Praxis, die sich aktiv am Kampf gegen AIDS beteiligt.”
Auch für den 1945 in Greenville, Mississippi, geborenen chinesisch-amerikanischen Künstler Dui Seid bedeutete die Erfahrung mit dem AIDS-Tod in nächster Umgebung einen tiefen biographischen wie ästhetischen Wandel: “Ich habe 1984 nicht entschlossen, Kunst zum Thema AIDS zu machen. Angesichts meines durch die AIDS-Erfahrungen zerstörten Glaubens an Schönheit, Harmonie, Gerechtigkeit und Ordnung war meine Kunst vielmehr eine emotionale und philosophische Auseinandersetzung, die zum Teil durch Religion und Kultur ererbte Überzeugungen in Frage stellte.” Dui Seid war langjähriges Mitglied der Gruppe ‘VISUAL AIDS’ und arbeitete als Pfleger von Künstlerkollegen….