Stephan Schmidt-Wulffen
Duell mit der Verdrängung
Ein Gespräch mit Esther und Jochen Gerz
Die Bezirksversammlung von Hamburg Harburg machte 1983 ein Mahnmal gegen Faschismus, Krieg, Gewalt zum vordringlichsten Projekt ihrer ‘Kunst im öffentlichen Raum’. Zu einem beschränkten Wettbewerb wurden sechs Künstler eingeladen: Lothar Baumgarten, Jochen Gerz, Jochen Hiltmann, Siegfried Neuenhausen, H. D. Schröder und Timm Ulrichs. Unter den eingereichten Entwürfen wurde schließlich der von Esther und Jochen Gerz ausgewählt.
Beide errichteten an einem Verkehrsknotenpunkt Harburgs einen 12 Meter hohen, viereckigen Kubus. In die verbleite weiche Oberfläche der Stahlsäule können Bürger, Passanten ihren Namen eingravieren und damit ihre antifaschistische Haltung dokumentieren. Immer wenn der in Griffhöhe liegende Teil mit Unterschriften gefüllt ist, wird der Körper Meter für Meter in den Boden eingelassen, bis er schließlich ganz verschwunden sein wird. Einen Teil der Säule wird man dann allerdings durch ein Fenster der tieferliegenden Fußgängerunterführung einsehen können. Eine Tafel neben der Skulptur nennt das Motiv zur Errichtung des Mahnmals und fordert zum Unterschreiben auf: »Wir laden die Bürger von Harburg und die Besucher der Stadt ein, ihren Namen hier unseren eigenen anzufügen. Es soll uns verpflichten, wachsam zu sein und zu bleiben. Je mehr Unterschriften der zwölf Meter hohe Stab aus Blei trägt, um so mehr von ihm wird in den Boden eingelassen. Solange, bis er nach unbestimmter Zeit restlos versenkt und die Stelle des Harburger Mahnmals gegen den Faschismus leer sein wird. Denn nichts kann auf Dauer an unserer Stelle sich gegen das Unrecht erheben.«
Das ist nur eine der vielen dialektischen Wendungen, mit denen dieses…