Per Kirkeby
Du vergißt, dennoch erinnere ich mich
Aus ‘Fliegende Blätter. Die Kunst für alle’, 1974
Den Erinnerungscharakter von Bildern kann man gleichsam auf zwei verschiedene Arten betrachten, bearbeiten und davon träumen; sprachlich ist es schwer zu erfassen, aber es ist ein Unterschied zwischen der Erinnerung an etwas – nämlich die Erinnerung an andere Bilder – und dem Versuch, irgend etwas in Erinnerung zu bringen, woran man sich doch nicht erinnern kann. Das entspricht praktisch dem Unterschied zwischen rein und unrein in meiner eigenen, frühen Arbeit. Im Laufe der Zeit, als das Politische das Bild übernommen hatte, erwies sich das Reine als recht unrein. Es ist eine soziale Größe, sich irgend etwas, das keine greifbar existierenden Bilder, an die man sich erinnern könnte, besitzt, in Erinnerung zu bringen. Das sind möglicherweise Bilder, die man weder erahnt noch gesehen hat und die man natürlich schon gar nicht realisiert hat, die jedoch in einem bestimmten historischen Zusammenhang als verdrängt zu bezeichnen sind. Die erste Art der Erinnerung, die Erinnerung an andere existierende Bilder, kann ein sehr brauchbares Mittel sein, um über das Andere, das Politische, zu reden, weil es zunächst einmal Bilder sind, die über Bilder reden, und das ist die einzige Möglichkeit für Marsmenschen, sich untereinander zu verständigen, weil es außerdem gute Unterhaltung ist, und weil vor allem die existierenden Bilder oftmals schiefe Doppelbilder der unsichtbaren sind. Bildende Künstler sind Menschen, die mit diesen Dingen auch im sozialen Feld auf alle möglichen Weisen arbeiten, ohne dabei ‘Bilder, die man anfassen kann’, als direktes…