Reinhard Ermen
Dorothea Schulz
Sie hält fest, was sie im wahrsten Sinne des Wortes aufschnappt. Dorothea Schulz notiert Satzfetzen, stellt sie frei und verortet sie neu in ihren Zeichnungen. „Der Hörsinn ist seit einigen Jahren das zentrale Sinnesorgan, das Dorothea Schulz zu ihren eigentümlichen Zeichnungen anregt“, sagt Kassandra Nakas. Der Text selbst ist Bild, er wird in verschiedenen Schrifttypen seziert, mal in mageren Wortketten, mal zusammengesetzt aus hohlen Buchstaben, aber immer in Versalien, was dem Geschriebenen (unabhängig vom Gehalt) den durchaus offiziösen Charakter einer Inschrift verleiht. ICH STOSSE JETZT NUR NOCH MIT MINERALWASSER AN. Textfragment und Bild ergeben eine assoziative Botschaft, sie vereinigen sich zu einem enigmatischen Comic. Die Wörter haben sich dabei aus dem Gefängnis der Sprechblase befreit und mischen gelegentlich in der Konstruktion mit, die Dramaturgie des Erzählens spielt ohnehin verrückt. Die Komposition krümmt sich in Richtung des Gesagten und ist unkorrigierbar. Das deformierte Personal dieser Geschichten sieht nicht immer schön aus aber unverwechselbar. Manches hat sich aus alten ‚Anziehbildern’ hier hinüber gerettet, – Frisuren oder Roben. Immer wieder kommt es zu surrealen Schieflagen; was nicht unbedingt gebraucht wird, lässt Dorothea Schulz einfach weg. Eine Essentialität der Linien herrscht vor. Damit zusammenhängend formiert sich die geradezu abenteuerliche Präzision. Ist das noch Handarbeit? Ja! Wichtigstes Instrument der Zeichnerin ist der Rapidograph mit seinem gleichmäßigen, feinen Strich. Selbst, wenn Schulz ihre Zeichnungen mechanisch ins Monumentalformat vergrößern lässt, (etwa 240 x 111 cm, Inkjet auf Baumwollpapier) behalten sie ihre ursprüngliche Exaktheit. Die radikale Akkuratesse und die gleichzeitige persönliche Fragmentierung, die Genauigkeit und…