Antonio Tabucchi:
Dom Pedros Liebe
Es war ein heißer Sommer in Coimbra, und im Flußbett wuchsen Lavendel- und Ginsterbüsche. Die Wäscherinnen schwenkten ihre Wäschestücke in dem dünnen Rinnsal, das sich wie eine Schlange durch die Kieselsteine wand, und sie sangen. Dom Pedro begriff, daß alles – seine Untergebenen, dieser Fluß, die Blumen, die Lieder, sein Dasein als König, der sein Reich betrachtete – genauso gewesen wäre, auch wenn alles anders verlaufen und nichts geschehen wäre, und daß die wunderbare Logik des Lebens, die so unabänderlich war wie alles Wirkliche, beständiger war als seine Raserei, unangreifbar von seiner Rache. Was ging wirklich in ihm vor, während er von seinem Fenster aus die blond schimmernden Ebenen Portugals überblickte? Was peinigte ihn? Die Sehnsucht nach der Vergangenheit kann quälend sein, aber die Sehnsucht nach dem, was die Vergangenheit hätte sein können, muß unerträglich sein. Möglicherweise wurde Dom Pedro von dieser Sehnsucht beherrscht. Da er unter einer unheilbaren Schlaflosigkeit litt, betrachtete er jede Nacht die Sterne: und vielleicht wurde ihm seine Idee von den Entfernungen zwischen den Sternen eingegeben, den im Verhältnis zur menschlichen Zeit unermeßlichen Räumen. Vielleicht trug zu dieser Idee auch die feine Ironie bei, die er gemeinsam mit der Sehnsucht nach dem, was nicht war, in seiner Brust trug. Er erdachte einen genialen Plan.
Wie man gesehen hat, war Dom Pedro ein wortkarger und charakterfester Mann: am nächsten Tag kündigte eine bescheidene Gesandtschaft des Königs im ganzen Land ein großes Volksfest an, die Krönung einer Königin, eine feierliche Hochzeitsreise von Coimbra nach Alcobaça, auf…