Jutta Schenk-Sorge
Dislocations
Museum of Modern Art, New York, 20.10.1991 – 7.1.1992
Mit gewisser Erwartung blickte man dieser Ausstellung entgegen, ist sie doch die “Antritts-Schau” des neuen Kurators Robert Storr. Unter dem Titel “Dislocations” vereint er Installationen von sieben Künstlern, die gewohnte Sehweisen in Frage stellen. Die Schau markiert darüber hinaus aber auch einen Positionswechsel des Museums selbst. Denn mit der Berufung Storrs reagierte es endlich auf die anhaltende Kritik, daß ausgerechnet das einst für die Moderne bahnbrechende Haus inzwischen auf innere Distanz zur zeitgenössischen Kunst gegangen sei. Jedenfalls stellte man den Künstlern diesmal auffallend großzügig ganze Säle zur Verfügung. Storr wählte Louise Bourgeois, Chris Burden, Sophie Calle, David Hammons, Ilya Kabakov, Bruce Nauman und Adrian Piper und zeigt damit, daß er einen breiteren Ansatz sucht, der Frauen und Minderheiten mit einschließt. Aktuell und im Rahmen des Modernen bislang ungewohnt ist die Konzentration auf Installationen. Ganz im Trend liegt der stark politische Akzent, der immerhin bei drei Künstlern im Vordergrund steht. Moralische Aufrüstung durch Kunst bleibt jedoch immer ein Drahtseilakt, wie sich hier wieder bei Chris Burden zeigt. Sein “Other Vietnam Memorial” spielt auf die nationale Pilgerstätte in Washington an, wo auf einer schwarzen Marmorwand 58000 Namen gefallener Amerikaner eingraviert sind. Doch nicht nur sie starben in diesem Krieg, so Burden, sondern auch drei Millionen Vietnamesen. Um den Schrecken dieser Zahl erfahrbar zu machen, schuf er eine Art monumentales Totenbuch, auf dessen zwölf meterhohen Metallseiten sich in winziger Schrift Name an Namen reiht. Und eben das ist problematisch. Denn diese minutiösen Zeichen…