Diorama. Erfindung einer Illusion
Schirn Kunsthalle 06.10.2017 – 21.01.2018
von Christian Huther
Diesem Spektakel kann kein Besucher ausweichen: Kaum geht der Tag zur Neige, bricht auch schon der Vesuv aus und speit seine glühende Lava über das dadurch grell erleuchtete Neapel. Ähnlich dramatische Szenen verfolgten die Menschen in Paris völlig gebannt vor fast 200 Jahren am 11. Juli 1822. Damals eröffnete Louis Jacques Mandé Daguerre, einer der späteren Pioniere der Fotografie, zusammen mit dem ebenfalls als Panoramamaler tätigen Charles Marie Bouton in Paris das erste Diorama – das moderne Theater bestand lediglich aus einer riesigen, bemalten Leinwand sowie allerlei Lichteffekten.
Bis heute hat dieser Vorläufer des Kinos nichts von seiner Faszination eingebüßt, wie jetzt in der Frankfurter Schirn zu verfolgen ist. Leider ist kein Daguerre-Original dabei, denn das Pariser Diorama wurde 1839 bei einem Brand zerstört. Doch Jean Paul Favand, der in Paris ein Museum für Jahrmarktkünste betreibt, fand vor kurzem ein mechanisches Theater aus dem 19. Jahrhundert, das noch alte Dioramen enthielt. Die restaurierte Favand und digitalisierte die Technik. Jetzt erstrahlen Neapel und Vesus wieder wie einst. Auch die diaphanen Doppeleffektbilder aus der Sammlung des Filmregisseurs Werner Nekes lassen bei Durchleuchtung verborgene Motive sichtbar werden, vereinen also in einem Bild verschiedene Orte, Zeiten oder sogar Ereignisse.
Freilich spielten Daguerre & Co. nur zweidimensional mit der Illusion von Wirklichkeit, sie setzten ein Gemälde mit Licht scheinbar in Bewegung. Dieses illusionistische Theater wurde bald auch von Schaustellern genutzt, um historische Ereignisse, koloniale Eroberungen und wissenschaftliche Expeditionen zu zeigen. Heute jedoch versteht man unter…