Cornelia Gockel
Dinge in der Kunst des
XX. Jahrhunderts
Haus der Kunst, München, 2.9. – 19.11.2000
Der Mann hat Probleme. Wild rudert er mit den Armen in der Luft und ringt um sein Gleichgewicht. Aber die weiße Keramikvase scheint ihr Eigenleben zu führen. Immer wieder entgleitet sie ihm und bringt seine wohlgeordnete Welt aus den Fugen. “Vasen-Exstasen” ist der Titel dieser 28-teiligen Fotosequenz von Anna und Bernard Blume, in der ein scheinbar aussichtsloser Kampf mit einem Alltagsgegenstand ausgefochten wird. “Die Unmittelbarkeit und sinnliche Gewissheit der Dinge wird durch die fotografische Unschärfe in Frage gestellt.”, schreibt Peter Weibel: “Die Ruhe ist scheinbar, alles ist in Bewegung, verändert sich, die Dinge und das Ich.” Ein banaler Gegenstand wird zur Bedrohung.
Um “Dinge in der Kunst des 20. Jahrhunderts” geht es in der Ausstellung im Haus der Kunst. Mit insgesamt 276 Arbeiten von 73 Künstlern zeigen die Kuratoren Hubertus Gaßner und Stephanie Rosenthal, wie Dinge des täglichen Gebrauchs Eingang in die Kunstwelt gefunden haben oder Kunstwerke ein Spiel mit dem Dinglichen treiben. Ein mutiges Unterfangen, das allein durch die Fülle des Materials zu verwirrender Unübersichtlichkeit oder zu einer trockenen kunsthistorischen Lehrveranstaltung werden kann. Aber die beiden Kuratoren haben den Parcours durch das Jahrhundert mit Bravour gemeistert. Mit fast spielerischer Leichtigkeit fügen sich so konträre Positionen wie Marcel Duchamps Flaschentrockner, Andy Warhols Brillo Boxes, Dalis weißes Hummer-Telephon, Tony Craggs Assemblagen, Bogomir Eckers Prototypen und Olaf Metzels raumgreifende Installation zu einer sinnlich opulenten Schau.
Die Einbeziehung von Alltagsgegenständen in die Kunst begann 1912-1914 mit den kubistischen Skulpturen von Picasso. In…