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Titel: Konstruktionen des Erinnerns · von Gilles Deleuze · S. 88 - 89
Titel: Konstruktionen des Erinnerns , 1994

Gilles Deleuze: Differenz und Wiederholung

Das Bild des Denkens. Erinnern des Vergessens

Muß man, in Übereinstimmung mit anderen Texten das Problem oder die Frage mit dem singulären Objekt eines transzendentalen Gedächtnisses identifizieren, das einen Lernprozeß auf diesem Gebiet ermöglicht, indem es das erfaßt, was nur erinnert werden kann? Alles weist darauf hin; denn die Platonische Wiedererinnerung will tatsächlich das Sein der Vergangenheit fassen, Unvordenkliches oder memorandum, und zugleich mit einem wesentlichen Vergessen geschlagen, gemäß dem Gesetz des transzendenten Gebrauchs, das bestimmt, daß das, was nur erinnert werden kann, zugleich unmöglich (im empirischen Gebrauch) zu erinnern ist. Es besteht ein großer Unterschied zwischen diesem wesentlichen Vergessen und einem empirischen Vergessen. Das empirische Gedächtnis wendet sich an Dinge, die auf andere Weise erfaßt werden können oder gar müssen: Was ich erinnere, muß ich gesehen, gehört, mir vorgestellt oder gedacht haben. Im empirischen Sinn ist das Vergessene dasjenige, was man nicht wieder ins Gedächtnis zu rufen vermag, wenn man es ein zweites Mal sucht (es liegt zu weit zurück, das Vergessen trennt mich von der Erinnerung oder hat sie gelöscht). Das transzendentale Gedächtnis aber erfaßt das, was beim ersten Mal, vom ersten Mal an nur erinnert werden kann: nicht eine kontingente Vergangenheit, sondern das Sein der Vergangenheit als solcher, seit jeher vergangen. Als vergessenes – so erscheint das Ding leibhaftig, und zwar dem Gedächtnis, das es dem Wesen nach auffaßt. Es wendet sich nicht ans Gedächtnis, ohne sich zugleich ans Vergessen im Gedächtnis zu wenden. Das memorandum ist hier zugleich das Unerinnerbare, das Unvordenkliche. Das…

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