AMINE HAASE
DIE WIRKLICHEN PARADIESE SIND DIE VERLORENEN PARADIESE
Weltsüchtigkeit und Weltflüchtigkeit
Zur Aktualität des Symbolismus
Zeiten gesellschaftlichen Umbruchs treiben besondere Blüten. Erinnern und Sehnsucht bereiten den Boden, aus dem sie wachsen. So zumindest scheint es, wenn wir in die Kultur-Geschichte zurückschauen. Die Blume, die aus einem Übermaß an Wirklichkeitshumus sprießt, ist mit der “Blauen Blume” der Romantik verwandt. Überdruss an Realität erzeugt Symbole – historisch gesehen entstand so der Symbolismus. Die literarische und künstlerische Bewegung kann als Gegenbewegung zu Naturalismus und Impressionismus gesehen werden. Ist die Zeit wieder einmal reif für ein Wiederentdecken des Symbolismus, für eine Wiederbelebung des “Geistigen in der Kunst”? Zahlreiche Ausstellungen, die sich Protagonisten einer symbolhaft verankerten Kunst widmeten, legen die Vermutung nahe. Und die Flammen, die das wohl rohste Konvolut realistischer Kunst der neunziger Jahre vor kurzem in London verschlungen haben, lassen unterschiedliche Kunst-Positionen in einem neuen Licht erscheinen – ohne Zynismus. Den kunstgeschichtlichen Hintergrund bildeten die großen Ausstellungen mit Werken von Fernand Khnopff in Brüssel, von Dante Gabriel Rossetti in Amsterdam, der Präraffaeliten in London. Die flammende Aktualität, über eine im Symbolismus verwurzelte Kunst nachzudenken, schuf der Brand, dem Hauptwerke der so genannten BritArt zum Opfer fielen. Bei der – sicherlich nicht unproblematischen – Verknüpfung der musealen Rückblicke mit zeitgenössischen Positionen wird deutlich, was Hans Hofstätter vor vierzig Jahren schon in seiner Symbolismus-Analyse schrieb: “Da in jeder symbolischen Kunst auch die außerkünstlerischen geistigen Kräfte einer Epoche zu bildhaftem Ausdruck drängen, muss das Wesen dieser Erscheinungen in jeder Epoche neu bestimmt werden. Symbolische (oder symbolistische) Kunst…