Die Wiederkehr der Vertikalität
Ein Vor und Rückblick auf die Geschichte der Lyon Biennale
Ein Gespräch mit dem künstlerischen Direktor der Biennale von Lyon Thierry Raspail
von Heinz-Norbert Jocks
HEINZ-NORBERT JOCKS: Sie sind der künstlerische Direktor der Biennale von Lyon seit deren Entstehen. Wie kam es dazu?
Thierry Raspail: Vor deren Gründung im Jahre 1984 hatte ich in Lyon ein zeitgenössisches Museum innerhalb von vier Jahren aufgebaut. Dank der politischen Veränderungen auf Staatsebene in Frankreich und dank des Verschwindens der Paris Biennale machte ich 1991 eine erste geschichtliche Ausstellung zum Thema „Monochrom“. Für mich stellte diese ein Test dar. Dabei beschäftigte ich mich mit den Grenzen des Museums und der Notwendigkeit seiner Erweiterung um Fragen hinsichtlich der Bedeutung von Geographie und den Geschichten in anderen Regionen der Welt, die völlig verschieden sind von denen, wie wir sie aus Europa und der westlichen Welt kennen. Die ersten drei Biennalen habe ich als Kurator oder Co-Kurator rund um die Frage der Geschichte konzipiert. Nicht nur, weil wir in Frankreich sind, sondern auch, weil mir gegen Ende des 20. Jahrhunderts ein erneuter Blick auf die Kunstgeschichte wichtig zu sein schien. Bei einer Biennale, die sich der Frage der Grenzen widmete, ging es um Malewitsch, Schwitters und Duchamps. Man schreitet in der Zeit voran und sieht, wie sich gegen Ende des „monochromen Zeitalters“ das alltägliche Objekt, die Kunst und das Leben in der Aktualität entwickelt haben. Diese ersten drei Biennalen muteten teils wie museale, teils wie historische Ausstellungen an. Für die vierte Biennale im Jahr 1997 konnte ich…