REINHARD ERMEN
Die Visionen des Arnold Schönberg
»Jahre der Malerei«
Schirn Kunsthalle Frankfurt, 15.2. – 28.4.2002
Zwischen 1907 und 1912 führt der Komponist Arnold Schönberg (1874 – 1951) eine Art Doppelleben. Neben die eigentliche Berufung als Komponist tritt das zwingende Bedürfnis, sich auch malerisch auszudrücken: “Malen bedeutete für mich in der Tat dasselbe wie Komponieren” sagt er rückblickend: “Es war für mich eine Möglichkeit, mich auszudrücken, meine Emotionen, Ideen, Gefühle”. Genauso heftig wie den Spätberufenen dieses neue Ausdrucksbedürfnis überfällt, genauso schnell verlässt es ihn wieder, Schönbergs Liaison mit der bildenden Kunst schwingt aus, aber trotz nachlassender Intensität und Quantität ist die Bilanz dieser Leidenschaft beachtlich. 76 Ölbilder, zahlreiche Aquarelle, Karikaturen, Zeichnungen, Skizzen und Kuriositäten (z.B. zwei Kartenspiele!), insgesamt 268 Nummern umfasst das “Bildnerische Werk” Schönbergs, und spätestens seit eine vom Ritter Verlag Klagenfurt initiierte Bestandsaufnahme und Ausstellung, die von einem fundamentalen Katalog begleitet wurde, 1992 in Wien, Köln, Manchester und anderswo zu sehen war, dürfte der Maler Arnold Schönberg weitgehend bekannt sein. Etwas Neues kann und will die Frankfurter Ausstellung nicht dagegen setzen; allenfalls vier ‘Künstlerstatements’ von Franz Pomassl, Simon Starling, Hermann Nitsch und Daniel Liebeskind im Katalog zeugen von dem Willen der Rezeptionsgeschichte etwas eigenes hinzuzufügen. Aber einmal davon abgesehen, dass deren Erkenntniswert begrenzt bleibt, schlägt sich davon in der Ausstellung nichts nieder. Freilich ist die neuerliche Begegnung mit Schönbergs seltsamen Bildern, in jeder Weise anziehend genug und macht den Sinn der Frankfurter “Visionen” aus. Die Kuratorin Blazenka Perica hat eine konzentrierte Auswahl rund um die obsessiven Porträts und Seelenlandschaften zusammengestellt….