Brigitte Franzen
Die vierte Natur
Welche Bedeutung und Funktion haben Gärten und Parks – als künstliche und künstlerische Landschaft, als inszenierte Natur, im künstlerischen Produktionsprozeß des ausgehenden 20. Jahrhunderts?
Gärten sind heute multimediale Ereignisse, teils simulierte Naturabbildungen, quasi-rhetorische Konzepte, aber auch Gegenüber eines städtischen/zivilisatorischen Systems, die über die Medien Film und Video in eine neue computergenerierte Bildwelt Eingang finden. Sie stehen als Kunstorte den traditionellen kunstvermittelnden Instanzen, den Museen und Ausstellungsräumen gegenüber. Museen werden als Archive des verbürgten Kunstverstandes von Spezialisten betreut und gelenkt, der Vergleich mit dem Garten als Denkmodell und künstlerischem Produkt zeigt dessen Autonomie. Ein Garten ist sowohl dreidimensionales Kunstobjekt als auch der nichtinstitutionalisierte Ort seiner eigenen Vermittlung. Wird er damit zu einem Alternativmodell der künstlerischen Selbstvermittlung ästhetischer und auch gesellschaftspolitischer Inhalte?
Während sich Renaissancegartenkünstler sicher waren, eine dritte Natur, eine Naturkunst und Kunstnatur zu kreieren, ist die Differenz Natur – Kunst heute nicht mehr gleichermaßen virulent. Mit welchem Naturbild, aber auch mit welchem Kunstbegriff wird heute gearbeitet? Und vor allem: Warum gerade jetzt?
Kurz zu schließen, in einer Zeit ökologischer Katastrophen dränge es den menschlichen Geist eben zur (kultivierten) Natur ist naheliegend aber unbefriedigend, besonders angesichts der Differenzen der Projekte untereinander und ihrer Unabhängigkeit von und vom Pflanzen als Material und Handlung.
Gärten unterscheiden sich maßgeblich von anderen Orten und Schauplätzen von Kunst und wahrscheinlich ist es gerade diese Eigenschaft des unbesetzten Terrains, das den Ausgangspunkt für eine Auseinandersetzung mit dem Thema bildet. Wodurch die Gärten von Jenny Holzer, Dan Graham, Paul McCarthy, HaHa, Annette Weisser/Ingo Vetter, Tobias Rehberger und anderen…