Jürgen Stöhr
Die verpatzte Remythologisierung der Avantgarde
Anmerkungen zu den beiden Yves-Klein-Retrospektiven in Köln und Düsseldorf
Die ersten Feuilleton-Besprechungen der Ausstellungen “Der Sprung ins Leere” waren eher zurückhaltend und weit weniger enthusiastisch ausgefallen als die Organisatoren es sich vielleicht gewünscht hätten. Und es mag mit der leisen Frage zu tun haben, welchen Gewinn an Information die beiden Yves Klein Ausstellungen, die zugleich in Köln und Düsseldorf eingerichtet sind, denn nun böten. Nach den großen Retrospektiven des Franzosen in Housten und Paris vor mehr als zehn Jahren, handelt es sich dabei wohl um die berechtigte Frage danach, was die Kunstgeschichte denn dazugelernt habe. In Hinblick auf die Konzeption von Präsentation und Katalog muß man sich in der Tat dazu veranlaßt sehen, mit einem schlichten: “gar nichts” zu antworten.
Wären in den beiden bedeutenden Museen nicht so viele Chancen verpaßt worden, man hätte über den fehlenden Anspruch einer kritischen Aktualität hinwegsehen können, der die Ausstellungsmacher eigentlich vor einem naiven Historismus hätte bewahren sollen. Da dies und mehr anläßlich der Yves-Klein-Retrospektive zur Debatte steht, seien die folgenden Widersprüche, die Katalog und Ausstellung herausfordern, gestattet:
So wie jede Zeit ihre eigene Kunst hat, so hat auch jede Zeit ihre eigenen Fragen an die Kunstwerke – zumal dann, wenn nicht erst heute unter dem Begriff der Postmoderne zugleich ein Wandel in der (epochalen) psychohistorischen Befindlichkeit diagnostiziert wird. Solche differentiellen Fragen und zumeist die versuchten Antworten der Interpreten sedimentieren sich im allgemeinen in der Rezeptionsgeschichte und im besonderen in den Texten der bedeutenden Ausstellungskataloge. Wer diese Rezeptionsgeschichte für den Fall…