MATTHIAS REICHELT
Die Verkehrsform in der Stadt als Kunst und Spiel in Tom Sachs’ Nutsy’s
Deutsche Guggenheim, Berlin, 24.7 – 12.10.2003
Noch hat man die sakrale Banalität der grauen Spiegelflächen des Gerhard Richters im Kopf, die in der Deutschen Guggenheim bis Anfang des Jahres zu sehen war und dort die kühle Atmosphäre des Raums unterstützte und ist nun wohltuend geschockt. Bei Tom Sachs’ raumfüllender Installation Nutsy’s (von nuts verrückt, durchgeknallt, Spinner) geraten die Besucher in eine Vitalität aus scheinbarem Chaos, HipHop-Musik, und einem etwas zu groß geratenen Kinderzimmer.
Der Raum enthält ein urbanes Modell, das nicht stadtplanerischen Idealen oder Zukunftsvisionen entspringt, sondern den bekannten Phänomenen der westlichen Metropolen wie Rassismus, Getto, Dominanz des individuellen Straßenverkehrs, Kunst im öffentlichen Raum, Überwachung, Drogen, Bar und DJ-Station etc. Rechnung trägt als auch diese Elemente in ironischer Weise miteinander kombiniert.
Gleich zu Anfang steht ein großes Modell von Le Corbusiers Unité d’Habitation im Maßstab 1:25. Der Prototyp eines zwölfstöckigen Wohnhauses, das 1952 in Marseille fertiggestellt und nach Corbusiers Plänen bis zu 1000 Mal gebaut werden sollte, konnte nur noch an drei Orten mit starken Variationen (unter anderem in Berlin) realisiert werden. Dieses Modell der architektonischen Moderne zur Lösung von akutem Wohnmangel auf Basis eines gehobenen Wohnkomforts konnte die soziale Frage nicht lösen, sondern brachte sie auf engstem Raum komprimiert zum Ausdruck. Vor diesem Modell hat Sachs im Maßstab 1:1 die Möbel der Barcelona Lounge von Mies van der Rohe aus Hartschaum, Stahl und Sperrholz nachgebaut. Es schließt sich ein funktionsfähiger mobiler McDonald’s-Stand an (zu bestimmten Zeiten können dort…