Die (un)feinen Unterschiede
In der Stadt – darin zumindest scheinen sich die SoziologInnen einig – zeichnen sich gesellschaftliche Umbrüche als erstes ab. Und so ist die neuerliche Beschäftigung mit urbanen Entwicklungen auch ein Gradmesser für die Aufmerksamkeit Prozessen gegenüber, die früher einmal Gesellschaftspolitik genannt wurden. Das wiedererwachte Theorieinteresse an den (Innen-)Städten steht in Verbindung mit den hierhin wieder Einzug haltenden und ökonomisch gesicherten Schichten. Der Vorstadtödnis entfliehend, etablieren sich die neuen Dienstleister an der Seite und zunehmen auch an Stelle der verbliebenen Stadtbevölkerung. Losgelöst von traditionellen familiären Bindungen, erobern sie nach Dienstschluß sowohl Innenstadt als auch Region durch “demonstrative Konsumtion” (Jens Dangschat). Der Anspruch auf City und Umland als Bühne und Freizeitvergnügen wird markiert durch Mode, Design, Parfüm, Beschallung, Bars, Nouvelle Cuisine oder Sport. Als Teil dieses ‘Lebensstils` wird – zumeist erfolgreich – adäquate Architektur und Kultur eingefordert. Das Museumsufer in Frankfurt am Main ist hierfür gemauertes Zeichen; Jean-Christophe Ammanns Komplettvermietung des Museums für Moderne Kunst für eine ‘Chanell-Parade` mit Lagerfeld und Schiffer Ausdruck einer weitgreifenden Kulturalisierung gesellschaftlicher Dominanz.
Urbane Konflikte verlagern sich vom “Schauplatz” Großstadt hin zu “Nahkampfstätten heterogener und vielfach antagonistischer Wohn- und Lebensinteressen” (Ronald Hitzler). Als Reaktion auf die Flüchtigkeit der Massen(konsum)gesellschaft findet eine “Abgrenzung nach außen wie die Integration nach innen” (Matthias Michailow) statt: Einerseits soll durch den ‘Lebensstil` Individualismus hervorgekehrt, andererseits sich der Zugehörigkeit zu bestimmten Szenen durch einfach lesbare Zeichen versichert werden. Wer es sich leisten kann, sucht Nähe zu erwünschten und Abstand von unerwünschten Dingen und Personen oder leistet sich hohen Wohnraumverbrauch, unverbauten Blick, prestigeträchtige…