Die Unausweichlichkeit von Partizipation
Überlegungen zur Ubiquität von Partizipation und ihre Folgen für die künstlerische Produktion
von Christian Kupke
Erster Teil: Die Idee der Partizipation
Die philosophische Perspektive
Eines der wesentlichen Kennzeichen philosophischen Denkens ist sein Selbstbezug, ein Bezug, der in der Gegenwart auch als (psychischer, existenzieller oder intellektueller) Selbst-Bezug verstanden werden kann. Philosophen gehen nicht, wie Wissenschaftler, in intentione recta auf Gegenstände zu, sondern sie entgegenständlichen jeden Gegenstand, jeden intentionalen, objektiven Gehalt, indem sie in intentione obliqua nach dem ihn möglicherweise überhaupt erst konstituierenden Bezug fragen, in dem das Denken zu ihm steht.
Indem so nicht primär – trivial – der Gegenstand selbst, sondern – kritikal – seine Gegebenheitsweise in den Fokus philosophischer Analyse tritt, wird der Versuch unternommen, die objektive Vorurteilsstruktur zu durchleuchten oder zu durchbrechen, in der sich zunächst jedes Denken bewegt, das, wie das Denken der Partizipation, am allgemeinen gesellschaftlichen Diskurs teilhat und das daher stets geneigt ist, die in diesem Diskurs immer schon konstituierten Bedeutungen in naiver Weise aufzugreifen und – unkritisch – auf seine „Gegenstände“ zu projizieren.
Man könnte meinen, philosophisches Denken würde diese Vorurteilsstruktur nun ihrerseits zum Gegenstand einer Analyse machen und zur wissenschaftlichen Diskussion stellen. Das ist aber nicht der Fall. Indem philosophisches Denken vielmehr anerkennt, dass es selbst Teil dieser Struktur ist, verschiebt sich sein Fokus auf diejenigen spezifischen Elemente der Struktur, an denen es selbst partizipiert. Indem es den naiven Zugang zum Gegenstand seiner Vorurteilsstruktur eigens reflektiert, bricht es mit einem trivialen Verständnis von Gegenständlichkeit und erweitert seine Analyse so zu dem, was man eine kritikale…