Werner Meyer
Die Transsibirische
Betrachtungen zu Fünf Projekten: Joseph Beuys, Jochen Gerz, Raffael Rheinsberg, Sophie Calle und Günther Uecker
Von Anfang an faszinierte die Eisenbahn einige der herausragendsten Künstler des 19. Jahrhunderts, so J.M.W. Turner, dessen Gemälde “Rain, Steam and Speed – The Great Western Railway” (1844; National Gallery, London) zu einem berühmten Bild seiner Zeit und zu einer Inkunabel der Kunstgeschichte wurde. Die Kulturgeschichte der Eisenbahn ist dokumentiert in unzähligen detailgetreuen Bildern und Illustrationen besonderer Ereignisse, der Faszination der Bahnhöfe, der Technologie, später auch der sozialgeschichtlichen Aspekte. Das entspricht ihrer zentralen Bedeutung in der industriellen Entwicklung des 19. Jahrhunderts, wobei eines der wesentlichen Produkte und Grundlagen die Eisenbahn ist. Die Künstler, die das Thema Eisenbahn aufgegriffen haben, gehören zur Avantgarde ihrer Zeit. Sie sehen sie vornehmlich mit den Augen und den Interessen ihrer künstlerischen Wahrnehmung und Bildsprache und geben gerade durch diese Sehweise den Phänomenen im Zusammenhang mit der Eisenbahn ihre besondere, künstlerische Bedeutung. Adolph von Menzel integriert 1847 scheinbar wie selbstverständlich den Schienenstrang der Eisenbahn Berlin – Potsdam als modernes Motiv in die klassische Vorstellung von Landschaftsdarstellung. Claude Monet erkennt in seinen Bildern des Gare Saint-Lazare 1877 die bildnerische Spannung zwischen dem in rein malerische Wirklichkeit führenden Phänomen des Dampfes und der linearen Struktur der Stahl-Glas-Konstruktion der modernen Ingenieurarchitektur des Bahnhofs. Diese immer einzeln, aber mit besonderer künstlerischer Dichte und Intensität auftauchenden Kunstwerke stehen für eine Berührung zwischen der Eisenbahn als Phänomen der Wirklichkeit und der Kunst als einer sich zunehmend ausdrücklich aus sich selbst heraus entwickelnden, erfinderischen und visionären…