URS LÜTHI
Die Suche nach Schönheit
EIN GESPRÄCH VON JOERG BADER
Das Werk von Urs Lüthi weist heute nach 35 Schaffensjahren eine Vielfältigkeit und Komplexität auf, die in seiner ersten Erfolgszeit in den 70er Jahren nicht wahrgenommen wurde, obwohl er schon vor seinen von Sehnsuchtslandschaften umgebenen Selbstportraits als Numbergirl oder androgyner Jüngling Ende der 60er Jahre mit einer eigenständigen “abstrakten Pop-Malerei” (Lüthi über Lüthi) aufgefallen war. Wenn heute massenhaft zum Thema Gender produziert wird, übersieht die, wohlverstanden, geschichtsbewusste Rezeption, dass Lüthis Suche nach Schönheit nicht nur eine Sucht nach Schönheit war und eine Dekonstruktion von Geschlechterrollen, sondern auch eine Auseinandersetzung mit Hoch- und Tiefkultur mit viel Herz und ein Umkreisen der großen Lebensfragen mit einer gehörigen Portion Ironie. Sein Beitrag im Schweizer Pavillon zur 49. Biennale von Venedig ist nicht nur ein zartbitteres oder witzigtrashiges Fazit eines großen Ästheten, sondern auch Nachsinnen über Jugendfimmel und Marktgesetze mit den Mitteln der Selbstironie. Dabei berührt er unweigerlich Fragen zu Vergänglichkeit und Todesangst. Die Utopie der allesumfassenden Eintracht (Wahrheit und Schönheit), von der jugendlichen Sehnsucht über die “universelle Ordnung” (ein Werkblock aus den 80er Jahren) bis zur (halben) Desillusionierung und (halben) Akzeptanz unserer hässlich (Ferien-)Welt – trotz aller Glücksversprechen der Werbe- und Marketing-Welt, zeugt von einer starken Künstlerpersönlichkeit – auf den Pfaden der Weisheit wandelnd – die schon früh diagnostizierte: “Erfolg beruht auf Missverständnissen”.
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Joerg Bader: Was wirst du in Venedig zeigen?
Urs Lüthi: Mein Beitrag in Venedig steht unter dem Haupttitel “Placebos & Surrogates”, eine Serie, an der ich schon seit mehreren Jahren arbeite, und trägt…